Washington. . Der amerikanische Geheimdienst NSA hat eine Suchmaschine namens „Icreach“ entwickelt. Rund 1000 Analysten von 23 US-Sicherheitsbehörden können auf rund 850 Milliarden E-Mail-, SMS- und Chat-Nachrichten zugreifen. Ziel der Suchmaschine sei es, das Verhalten von Menschen umfassend vorauszusagen.

„Wer die Nadel im Heuhaufen finden will, muss erst einen Heuhaufen produzieren.“ Auf diese Formel brachte der frühere Chef des amerikanischen Geheimdienstes NSA, General Keith Alexander, einmal sein Grundverständnis von Terror-Bekämpfung durch die flächendeckende Überwachung jeglicher Kommunikation per Telefon und Internet.

Dank der Enthüllungen des ehemaligen NSA-Angestellten Edward Snowden weiß die Welt, wozu diese Überzeugung geführt hat: die „Staubsauger“ der „National Security Agency“ haben einen unvorstellbar großen Berg aus Telefon-, E-Mail- und anderen Internet-Kommunikationsdaten von zig Millionen unbescholtenen Menschen weltweit angehäuft. Die Frage, wie das täglich wachsende „Monstrum“ (Washington Post) nutzbar gemacht wird, war bis zuletzt weitgehend offen. Das Enthüllungsportal „The Intercept“, das von Ebay-Gründer Pierre Omidyar finanziert und vom Snowden-Vertrauten Glenn Greenwald geführt wird, liefert jetzt die Antwort.

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Danach hat die NSA im Geheimen über mindestens sieben Jahre eine an den Internet-Riesen Google angelehnte Suchmaschine namens „Icreach“ aufgebaut, in der rund 1000 Analysten von 23 US-Sicherheitsbehörden aus mittlerweile rund 850 Milliarden E-Mail-, SMS- und Internet-Chat-Nachrichten schürfen können.

Erstellung kompletter Bewegungsprofile möglich

Weil in der Datenbank, die sich ausdrücklich nicht auf die Abwehr von Terrorismus beziehe und keiner richterlichen Kontrolle unterliege, auch Aufenthaltsorte und Gewohnheiten (Fahrwege, Religion, politische Haltung) von Menschen erfasst würden, könnten damit komplette Bewegungsprofile erstellt werden, weltweit. Gleichgültig, ob jemand einer Tat verdächtigt wird oder nicht. Ziel sei es, das Verhalten von Menschen möglichst umfassend vorauszusagen, schreibt „Intercept“.

Dabei kommen auch Daten zur Verwendung, die von befreundeten Geheimdiensten in England, Australien, Kanada und Neuseeland abgefangen wurden. Mit diesen vier Ländern arbeiten die USA seit Jahrzehnten im Bündnis „Five Eyes“ (Fünf Augen) privilegiert zusammen. „Icreach“ sei in der Lage, bis zu fünf Milliarden Datensätze zu verarbeiten – täglich.

Existenz der Suchmaschine bestätigt

Regierungsstellen in Washington haben die Existenz der Suchmaschine grundsätzlich bestätigt, geben über Details keine Auskunft. Nur so viel: Mit der Suchmaschine soll der „Informationsfluss“ zwischen den Sicherheitsbehörden durchlässiger werde.

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Laut „Intercept“ funktioniert die bevorzugt von der CIA, der Drogenfahndung DEA und der Bundespolizei FBI genutzte Suchmaschine im Prinzip wie Google. In einem Suchfeld wird die E-Mail-Adresse oder eine Telefonnummer einer Zielperson eingegeben. „Ic­reach“ spuckt danach all das aus, was Dutzende NSA-interne Überwachungsprogramme im In- und Ausland, die im vergangenen Jahr nach und nach via Edward Snowden enttarnt wurden, über die Person gesammelt haben; etwa sämtliche Telefonverbindungsdaten.

Schutz der Privatsphäre

Für Befürworter eines stärkeren Schutzes der Privatsphäre ist das der Super-GAU. Elisabeth Goitein vom Brennan-Center für Justiz an der Universität von New York hat den Eindruck, dass die NSA in großem Stil verfassungsrechtlich gestützte Einschränkungen bei der Daten-Abschöpfung umgeht. Brian Owsley, ein ehemaliger Bundesrichter, hält die laxe Zugriffsmöglichkeit diverser Behörden auf den riesigen Daten-Pool der NSA schlicht für „unzumutbar“.