Essen/Düsseldorf. . Angesichts der Flut von E-Mails nach Feierabend sollen Beschäftigte künftig besser vor Stress durch die ständige Erreichbarkeit geschützt werden. Erste Unternehmen haben reagiert. NRW-Arbeitsminister Schneider will aber mehr. Er wünscht sich eine politische Regelung des Problems.
Der Essener Chemiekonzern Evonik hat eine „E-Mail-Bremse“ eingeführt, die dafür sorgen soll, dass am Wochenende und in den Abendstunden weniger elektronische Post verschickt wird. Mitarbeiter des Autokonzerns Daimler können E-Mails, die während ihres Urlaubs eingehen, automatisch löschen lassen. Auch VW hatte bereits E-Mails nach Feierabend gestoppt.
NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) geht der Einsatz einzelner Unternehmen nicht weit genug. „Wir benötigen einen politischen Rahmen, der die Erreichbarkeit von Beschäftigten außerhalb ihrer Dienstzeiten regelt“, sagte Schneider im Gespräch mit dieser Zeitung. „Das kann ein Gesetz oder aber auch eine Verordnung sein. Wichtig ist nur: Die Einhaltung muss erzwingbar sein.“
Minister fordert eine "solide Regelung"
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In vielen Unternehmen gebe es zwar schon Anti-Stress-Vereinbarungen, erklärte Schneider. Wichtig sei aber, dass es vor allem auch in den vielen Betrieben ohne Betriebsrat „eine solide Regelung“ gebe. „Wir benötigen eine bestimmte Stundenanzahl, in der die Beschäftigten nicht erreichbar zu sein brauchen. Dazu müssen Zeiten grundsätzlich abgesteckt werden.“ Die Details sollten in den Betrieben geregelt werden. „Eine permanente Erreichbarkeit führt nicht dazu, dass Menschen produktiver werden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt.“
ErreichbarkeitSPD-Chef Sigmar Gabriel sieht vor allem Arbeitgeber und Gewerkschaften und nicht den Gesetzgeber in der Pflicht. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte sich grundsätzlich offen gezeigt, genauere Regeln zur Erreichbarkeit von Mitarbeitern festzuschreiben.
Evoniks E-Mail-Bremse funktioniert
Der Konzern Evonik hat eine Bilanz nach Einführung einer „E-Mail-Bremse“ gezogen. Das E-Mail-Aufkommen am Wochenende habe sich halbiert, sagte Personalchef Thomas Wessel. „Mitarbeiter sollen im Feierabend nicht durch berufliche Kommunikation über Handy oder Smartphone gestört werden“, sagte er. „Wir erwarten nicht, dass E-Mails in der Freizeit und im Urlaub bearbeitet und beantwortet werden. Ausnahmen gelten bei außergewöhnlichen Umständen oder Ereignissen, die es nötig machen, schnell zu reagieren.“