Berlin. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ist der Meinung, dass der Mangel an Fachkräften in der Altenpflege nur mithilfe von Drittstaaten aufgefangen werden kann. Bis zum Jahr 2030 würde die Zahl der Pflegebedürftigen von 2,3 auf 3,4 Millionen steigen. Im Fokus stehen Staaten wie Vietnam.
Der Fachkräftemangel in der Altenpflege kann nach den Worten von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nur mit Hilfe sogenannter Drittstaaten außerhalb der EU aufgefangen werden. Die EU-Mitglieder und auch andere Industrienationen hätten mittel- und langfristig ähnliche demografische Probleme wie Deutschland, schreibt Gabriel im Vorwort einer am Freitag bei einer Fachtagung im Ministerium veröffentlichten Broschüre.
In Deutschland werde die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit 2,3 Millionen bis 2030 auf 3,4 Millionen steigen, zitierte Gabriel Experten-Berechnungen. Er verwies auf ein Pilotprojekt, bei dem seit Ende vergangenen Jahres 100 junge Vietnamesen in Deutschland in der Altenpflege ausgebildet werden. Das Projekt soll Vorbild auch für andere Branchen werden. Nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) fehlen in den nächsten Jahren 150.000 Pflegekräfte.
BA-Direktorin Monika Varnhagen erläuterte, zur Zeit konzentriere sich die Anwerbung von Pflegekräften auf die Philippinen, Serbien, Bosnien und Tunesien. Hier solle aufgefangen werden, was an Kräften aus Südeuropa weggebrochen sei.
China bildet viele Pflegekräfte aus
Anfang der Woche hatte der Arbeitgeberverband Pflege darauf hingewiesen, dass China jährlich eine Vielzahl von Pflegekräfte für die Arbeit im Ausland ausbilde. Allerdings gingen die meisten dieser Fachkräfte in den englischsprachigen Raum. Menschen aus Asien hätten schon allein aufgrund ihrer Tradition einen respektvollen Umgang mit älteren Menschen, hieß es bei dem Verband.
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Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Rainer Sontowski, sagte bei der Tagung, eine Willkommenskultur, wie sie bisher immer gefordert wurde, reiche nicht mehr. Deutschland brauche eine "Bleibekultur". Manfred Carrier von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege plädierte dafür, in der psychisch wie physisch anstrengenden Pflege bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, um den Beruf attraktiver zu machen.
Schnorr kritisiert Weigerungshaltung Deutschlands
Stefan Schnorr vom Wirtschaftsministerium bemängelte, dass sich Deutschland lange Zeit geweigert habe, ausländische Arbeitskräfte ins Land zu holen. Rainer Albers vom Bundesarbeitsministerium ergänzte, für Arbeitskräfte unterhalb der sogenannten hoch Qualifizierten sei der Zuzug erst Mitte vergangenen Jahres entscheidend gelockert worden. Zu den bisher abgeblockten Berufen zählten auch Pflegekräfte.
Grit Braeseke vom Institut für Europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft räumte ein, dass bei der Betreuung der ausländischen Fachkräfte durch die deutschen Stellen sowohl im Ausland vor Ort als auch in Deutschland selbst bei weitem nicht alles rund laufe. "Die Zahnräder greifen noch nicht immer ineinander", sagte sie. (dpa)