Berlin. . Die Bundesregierung will helfen, die IS-Terroristen im Irak zu stoppen. nachdem Frankreich bereits am Dienstag Waffen in den Nord-Irak geliefert hat, prüft die große Koalition jetzt einen möglichen Rüstungsexport an die Kurden.

Während Frankreich gestern umgehend Waffen in den Nord-Irak lieferte, prüft die Bundesregierung, wie weit sie gehen soll. Vorläufig gilt die Formel „Rüstungsgüter ja, Waffen nein“. Entschieden ist nichts, eine „rote Linie“ gibt es auch nicht. Die Große Koalition steht unter Druck. Da sind erst einmal die Bilder der Opfer der vorrückenden IS-Terroristen. „Es geht uns alle an, den Vormarsch zu stoppen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert gestern in Berlin.

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Aus der Koalition, aber auch von den Grünen kommt der Ruf: „Tut was“. Die Regierung dürfe „nicht lamentieren“, so Grünen-Chef Cem Özdemir. Sein Parteifreund Omid Nouripour schlug vor, die US-Luftwaffe bei ihren Angriffen zu unterstützen: „Wir können nicht immer alle unangenehmen Aufgaben komplett den USA überlassen.“ Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok mahnte, man dürfe nicht so lange prüfen, „bis alles zu spät ist und so viele Menschen gestorben sind“.

"Wir liefern, was gebraucht wird"

Zum Druck kommt die internationale Sogwirkung: Die USA, Frankreich und Großbritannien handeln. Italien und Tschechien drängen, die Kurden mit Waffen zu unterstützen. Die EU bereitet für Freitag ein Sondertreffen der Außenminister vor. Wenn sie sich einigen, will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schnell liefern.

Sie bereitet sich darauf mit einer Bedürfnis-Analyse vor. Sie stimmt mit den Partnern ab, was die Iraker wollen/brauchen und wer was liefern kann: Zelte, Helme, Schutzwesten, Nachtsichtgeräte, Sanitätsmaterial. Im Hintergrund läuft die Logistik-Planung: Frachtkapazitäten, Überflug- und Landerechte. Für das Gesamtpaket gilt: „Wir liefern, was gebraucht wird, wir denken praktisch“, so der Regierungssprecher.

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Schon mehrmals wurden Waffen an den Irak geliefert. Und doch wäre direkte Unterstützung im Krieg „ein Paradigmenwechsel“, wie der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder unserer Zeitung erklärte. Ihm wäre es recht: „Ich bin sehr dafür, dass wir den Kurden helfen.“ Mißfelder hält es für sehr wahrscheinlich, dass der Irak auseinanderfällt. Mit der Folge, dass die Kurden einen eigenen Staat bekämen. Die Ein-Irak-Politik ist demnach erledigt, eine Mumie – nur offen ausgesprochen, wird es nicht.

Es kommt auf den politischen Willen an

Juristisch wären Waffenlieferungen machbar; einmal völkerrechtlich, weil die irakische Regierung die UNO um Hilfe bat; und sodann auch nach den deutschen Gesetzen. Für den Export gelten die Grundsätze der Bundesregierung vom 19. Januar 2000. Die erlauben die Lieferung in Kriegsgebiete im Einzelfall, wenn „besondere aus-, oder sicherheitspolitische Interessen für eine ausnahmsweise zu erteilende Genehmigung sprechen“. Grundsätze hin, Prinzipien her: Es kommt auf den politischen Willen an.

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Die vermeintlich strengen deutschen Richtlinien für den Waffenexport kennen auch das „Kleingedruckte“. Der Sprecher der Bundesregierungssprecher moderiert die Regierungspolitik so an: „Wir erleben den Vormarsch blutrünstiger Extremisten, die weder Frauen noch Kinder schonen.“ Die „Dramatik, die Einmaligkeit“ der Lage sei allen klar. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wolle bis an die Grenzen des Machbaren gehen.

"Bedrohung für die ganze Region"

„Diese innere Einstellung haben alle Mitglieder der Bundesregierung“, so Seibert. Es sei „keine gewöhnliche Lage, deswegen gibt es auch keine gewöhnliche Reaktion“, so Steinmeiers Sprecher. Der IS-Terror sei eine „Bedrohung für die ganze Region.“ Wenn nötig, werde man auch alle Spielräume ausschöpfen. „Wir erleben im Nordirak etwas, das uns alle angeht“ (Seibert). Und so stimmt sich die Regierung darauf ein, zur Not Waffen zu liefern – anders als im Syrien-Konflikt, der weiter mit aller Härte tobt, wo auch IS-Terroristen wüteten, das Leid vergleichbar ist und die Zahl der Opfer um ein Vielfaches höher liegt.