Kairo/Bagdad. . Die USA stärken Präsident Masum den Rücken und liefern Waffen an die Kurden. Masum beauftragte einen neuen Parteiführer mit der Regierungsbildung. Der bisherige Ministerpräsident al-Maliki wehrt sich. Zusammen mit der UNO sollen Jesiden aus den Bergen in Irak vor den IS-Milizen gerettet werden.

Der Machtkampf im Irak um das Amt des Premierministers hat sich am Montag dramatisch zugespitzt. Mit der ausdrücklichen Billigung der USA ignorierte Iraks Präsident Fuad Masum den Anspruch des bisherigen Regierungschefs Nuri al-Maliki und beauftragte stattdessen einen anderen mit der Bildung einer neuen Regierung: Haidar al-Abadi von der „Nationalen Allianz“. Al-Abadis schiitisches Parteienbündnis kontrolliert 67 der 328 Parlamentssitze, 25 Mandate weniger als die Allianz „Rechtsstaat“ von Nuri al-Maliki, der bei den Parlamentswahlen im April als eindeutiger Sieger hervorgegangen war.

Der 76-jährige Präsident des Irak, ein Kurde, reagierte damit auf eine scharfe Eskalation durch Maliki, der ihm zuvor in einer wütenden Fernsehrede vorgeworfen hatte, die Verfassung zu beugen. Masum hätte den Auftrag zur Regierungsbildung bis Sonntag 24 Uhr an ihn als Chef der stärksten Partei geben müssen, erklärte Maliki. Um seinen Anspruch zu unterstreichen, ließ er im Stadtzentrum loyale Milizen, Eliteeinheiten und Armeeverbände auffahren.

US-Außenminister John Kerry warnte Maliki mit scharfen Worten, die Staatskrise weiter zu vergrößern und erklärte, die USA stünden hinter Präsident Fuad Masum. Dieser macht Maliki wegen dessen konfrontativer Haltung gegenüber der sunnitischen Minderheit für den Einmarsch des „Islamischen Staates (IS)“ in den Irak politisch mitverantwortlich. Aus Verbitterung über Malikis Kompromisslosigkeit haben viele Stammesführer sowie alte Getreue des ehemaligen Saddam-Hussein-Regimes die IS-Offensive unterstützt.

Während in Bagdad das politische Geschehen in immer neue Turbulenzen gerät, geht die Krise der Jesiden-Flüchtlinge in den Sindschar-Bergen in die zweite Woche. Immer noch halten sich mindestens 30 000 Flüchtlinge in den kargen Bergen auf, umzingelt von IS-Einheiten, die ihnen wegen ihres Glaubens einen Massenmord androhen. Abwürfe von Wasser und Lebensmittel durch amerikanische, britische und französische Maschinen haben viele Vertriebenen bisher vor dem Verdursten bewahrt. Das Pentagon plant jetzt „zusammen mit den Vereinten Nationen (UNO) und internationalen Partnern“ einen humanitären Korridor, um die Flüchtlinge unter militärischem Geleitschutz in sichere Gegenden zu evakuieren.

Versorgung für Bagdad stören

Derweil brachten die IS-Extremisten den kurdischen Peshmerga am Montag in der Stadt Dschalawla, die etwa 130 Kilometer von Bagdad entfernt liegt, eine weitere Niederlage bei. Am Wochenende hatte sich hier ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt, zehn kurdische Posten mit in den Tod gerissen und weitere 80 Menschen verletzt. Mit der Eroberung von Dschalawla und der vorbeiführenden Autobahn hat der „Islamische Staat“ eine weitere wichtige Verkehrsader zur irakischen Hauptstadt unter seine Kontrolle gebracht. Vor zwei Wochen zerstörten seine Krieger durch eine Lastwagenbombe auf der Strecke Tikrit-Bagdad eine wichtige Schnellstraßenbrücke südlich von Samarra, deren Ersatzstraße nicht mit schweren Lkws befahrbar ist. Das Ziel der Gotteskrieger ist offenbar, die Versorgung von Bagdad mehr und mehr zu strangulieren und so eine Versorgungskrise unter den vier Millionen Bewohnern auszulösen.

Die USA haben unterdessen mit Waffenlieferungen an kurdische Kämpfer im Irak begonnen, teilte am Abend das US-Außenamt mit.