Berlin. Die Länder streiten mit dem Bund um die Finanzierung der Polizei und anderer Aufgaben. Minister wie Nordrhein-Westfalens Ralf Jäger fürchten, dass Bundesinnenminister de Maizière den Rotstift ansetzen will. NRW zahlt schon bei der Bereitschaftspolizei deutlich für die anderen Länder mit.
Die Länder fürchten, dass der Bund bei wichtigen Aufgaben der inneren Sicherheit den Rotstift ansetzen will. Schon heute steht bei einer Konferenz in Düsseldorf sein finanzielles Engagement für den Katastrophenschutz und die Bereitschaftspolizei auf dem Prüfstand. Alle Posten mit finanziellem „Konfliktpotenzial“, wie es offiziell heißt, sollen auf den Tisch kommen, wenn sich Vertreter des Bundes und von sechs Ländern treffen.
Es geht noch um andere Ausgaben: Um die Gelder für „Jugend trainiert für Olympia“, die Anti-Doping-Agentur NADA in Bonn. Es geht darum, wie künftig die Feiern zum „Tag der deutschen Einheit“ bezahlt werden, die Deutsche Hochschule der Polizei, die bundesweite Behördennummer 115 und um den Digitalfunk. Doch der heftigste Streit betrifft die Bereitschaftspolizei.
NRW stellt 18 Hundertschaften
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) kämpft dabei mit dem Rücken zur Wand. Mit 18 Hundertschaften stellt Nordrhein-Westfalen eine Reserve, von der viele Länder zehren. Aber das hoch verschuldete NRW stößt längst selbst an Grenzen, wie Jägers Notplan gerade klar gemacht hat, Fußballspiele der Bundesliga mit weniger Beamten abzusichern.
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Der Verteilungskonflikt ist ein Lehrbeispiel dafür, wie bei Aufgaben der inneren Sicherheit die Zuständigkeiten hin und hergeschoben werden. Oft gilt das Florians-Prinzip: Verschon mein Haus, zünd andere an.
15.600 Planstellen fielen weg
Der Chef der Bundespolizei, Dieter Romann, hat Innenminister Thomas de Maizière in einem vierseitigen Brief aufgeschrieben, wie sehr die Länder bei der Polizei sparen. Zwischen 1997 und 2012 strichen sie 15 600 Planstellen.
Bei der Bereitschaftspolizei lehnen sich kleine Länder an größere an – und alle gemeinsam an den Bund. Baden-Württemberg und Bayern weisen eine ausgeglichene Bilanz aus. Vier Länder, allen voran Nordrhein-Westfalen, leisten mehr, als sie von anderen an Polizei-Unterstützung bekommen. Ganz von der Hilfe der Nachbarn leben der Osten und die Stadtstaaten. Bremen setzt 75 Prozent seiner Bereitschaftsbeamten im normalen Dienst ein, ein klarer Fall von Zweckentfremdung. Die Bereitschaftspolizei ist nicht für das Alltagsgeschäft da, sondern für besondere Einsatzlagen: Krawalle beim Fußball, Gewaltausbrüche bei Demos oder Großveranstaltungen.
Ost-Länder nutzen Bundespolizei
Wer mit solchen Ereignissen nicht allein fertig wird, ruft länderübergreifend Unterstützung ab. Die Zahl solche Fälle ist seit 2004 von 45 auf zuletzt 113 gestiegen. Wer um Hilfe bittet, bezahlt nur die Unterkunft- und Sachkosten, nicht aber den Zeitaufwand. Das ist günstiger als selbst Hundertschaften bereit zu halten.
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Brandenburg und Sachsen gehen besonders raffiniert vor. Sie nutzen die Ostgrenze, um die Bundespolizei einzuspannen. Sie erledigt im Grenzgebiet zu Polen bis zu 35 Prozent Aufgaben von Brandenburg. In Sachsen geht die Hilfe laut Romann „deutlich“ über das übliche Maß hinaus.
Jetzt hat sogar der Rechnungshof moniert: „Wenn die Bundespolizei landespolizeiliche Aufgaben durchführen kann, insbesondere an den Ostgrenzen, dann hat sie offensichtlich zu viel Personal“.
Cyber-Abwehr oder Bundespolizei? Alles geht nicht
Der Bund muss für die Bundespolizei zahlen und beteiligt sich an den Sachkosten der Bereitschaftspolizei der Länder. 2014 gibt er knapp vierzehn Millionen Euro aus für Fahrzeuge, Material, Ausrüstung.
Dabei will de Maizière wegen der NSA-Affäre eigentlich die Cyber-Abwehr verstärken. Das kostet Unsummen. Was er dem Verfassungsschutz mehr gibt, muss er anderen vorenthalten. Der Bundespolizei etwa. Die Gewerkschaften sind alarmiert. CDU-Generalsekretär Peter Tauber bat um Aufklärung. De Maizière beruhigte ihn: Die gute Ausstattung der Bundespolizei sei „auch in meinem Interesse“, versicherte der Minister.
Bayern auf der Barrikade
Daran haben die Länder Zweifel. Am forschesten ist sein bayrischer Kollege Joachim Herrmann (CSU). Er rechnet bei der Bereitschaftspolizei einen Investitionsstau von 68 Millionen Euro vor. Die Länder können ihn nicht selbst auflösen. Sie bereiten sich auf die Schuldenbremse vor - und wollen den Bund nicht aus der Pflicht entlassen.