Berlin. Der Wirtschaftsflügel der Union macht gegen den Willen der Parteispitze mobil für eine Steuerentlastung in Milliardenhöhe. Dabei geht es vor allem um einen zügigen Abbau der so genannten „Kalten Progression“. Die SPD springt den Steuerrebellen in der Union zur Seite.
Eine neue Steuerdebatte in der Koalition hat die Aussichten der Bundesbürger auf eine Steuerentlastung in Milliardenhöhe überraschend verbessert: Der Wirtschaftsflügel der Union macht gegen den Willen der Parteispitze mobil für einen zügigen Abbau der so genannten „Kalten Progression“.
Die SPD springt den Steuerrebellen zur Seite und bietet rasche Verhandlungen an. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs, sagte unserer Redaktion, der Abbau der „heimlichen Steuererhöhung“ sei überfällig: „Wenn uns der gemeinsame Wille eint, dann werden wir einen Weg finden.“
Merkel sieht keinen Raum für Steuersenkungen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte erst vor zwei Wochen erklärt, in dieser Wahlperiode gebe es keinen Spielraum für eine Entlastung der Bürger. Doch die Mittelstandsvereinigung von CDU und CSU (MIT) kündigt an, sie wolle auf dem CDU-Bundesparteitag im Dezember einen anderen Kurs durchsetzen: Die Union soll sich zur Einführung einer „Steuerbremse“ spätestens Anfang 2017 bekennen.
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Die „Kalte Progression“, die Lohnzuwächse wegen eines höheren Steuertarifs plus Inflation auffressen kann, soll durch Änderungen im Steuertarif dauerhaft beseitigt werden, heißt es in dem Antrag, der unserer Redaktion vorliegt.
Der MIT-Vorsitzende Carsten Linnemann schätzt die Chancen für den Vorstoß auf dem Konvent „50 zu 50“ ein; der Wirtschaftsflügel wirbt jetzt an der Parteibasis massiv um Unterstützung. Linnemann drängt: „Wir müssen Wort halten.“
Ausgeglichener Haushalt darf nicht gefährdet werden
Der CSU-Mittelstandschef Hans Michelbach rechnete vor, ohne eine Korrektur der „Kalten Progression“ werde der Staat von Bürgern und Unternehmen zwischen 2014 und 2017 über 50 Milliarden Euro extra kassieren.
Hilfe kommt vom Koalitionspartner: „Die Dämpfung der Kalten Progression muss kommen, aber wenn wir die schwarze Null im Haushalt nicht gefährden wollen, muss sie gegenfinanziert werden“, sagte SPD-Haushaltsexperte Kahrs.
"Vorschläge nicht frühzeitig kaputtreden"
Da die Union Steuererhöhungen als Kompensation ablehne, müsse man sich auf Subventionsabbau, den Kampf gegen Steuerflucht und das Schließen von Steuerschlupflöchern konzentrieren. Eine Arbeitsgruppe aus Haushalts- und Finanzexperten der Koalition solle schnell an die Arbeit gehen, ohne vorher einzelne Vorschläge kaputt zu reden, schlug Kahrs vor.
Druck kommt vom Bund der Steuerzahler: „Die Kalte Progression muss in dieser Wahlperiode abgeschafft werden“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel. „Die Abschaffung ist weder ein Steuergeschenk noch eine Steuersenkung - damit wird nur eine Gerechtigkeitslücke geschlossen.“