Moskau. . Das internationale Schiedsgericht in Den Haag hat die russische Regierung zu 50 Milliarden Euro Schadensersatz verurteilt. Der Betrag sei an die früheren Yukos-Aktionäre zu bezahlen. Die russische Regierung kündigte an, sie werde keinen Pfennig zahlen.

Die Hiobsbotschaften für die russische Regierung häufen sich. Gestern veröffentlichte das internationale Schiedsgericht in Den Haag einen Urteilsspruch, der Russland zur Zahlung von 50 Milliarden Dollar Schadensersatz an eine Gruppe früherer Yukos-Aktionäre verpflichtet. Nach einem zehnjährigen Prozess befanden die Richter, Russland habe die Besitzer des Yukos-Ölkonzerns rechtswidrig enteignet.

Der ehemalige Yukos-Chef Michail Chodorkowski, der von russischen Gerichten mehrfach als Steuerhinterzieher, Betrüger und Dieb verurteilt worden war und von Oktober 2003 bis Dezember 2013 im Gefängnis saß, erklärte: „Von Anfang an war der Yukos-Fall ein Beispiel für die unverfrorene Plünderung eines erfolgreichen Unternehmens durch eine Mafia mit Staatsverbindungen.“ Russlands Außenminister Sergei Lawrow sagte, Russland werde alle Möglichkeiten ausschöpfen, um seine Interessen im Fall Yukos zu verteidigen. Russland kündigte an, in Berufung zu gehen.

Die Summe von 50 Milliarden Dollar verschlägt vielen in Moskau die Sprache. „Russland wird den Yukos-Aktionären keinen Dollar zahlen“, prophezeit das Wirtschaftsportal Slon. „Das wäre, als würde man der Ukraine umsonst die modernsten Raketenwerfer liefern.“ Die Presse spekuliert, ob Russland ein langwieriges Berufungsverfahren eröffnet, um die Zahlungen aufzuschieben, oder ob man gar ein drittes Yukos-Verfahren gegen noch in Russland lebende Chodorkowskis Mitarbeiter eröffnet.

Leonid Newslin, einer der Kläger, erklärte Radio Echo Moskwy, wenn Russland nicht zahle, werde man russische Konten in der ganzen Welt einfrieren lassen.

Das Urteil trifft Russland nach Ansicht der meisten Beobachter in einem sehr ungünstigen Moment. Heute will die Europäische Union wegen des Ukraine-Krieges neue Sanktionen gegen Russland verkünden, schon jetzt droht der russischen Wirtschaft wegen der Sanktionen Geldknappheit.

Nach Angaben von Bloomberg verliehen westliche Banken im ersten Halbjahr russischen Unternehmen 3,9mal weniger Geld als im gleichen Zeitraum 2013. Wie der Investitionsmanager Slawa Rabinowitsch bloggt, haben sämtliche großen Investmentbanken in London intern alle Russland-Geschäfte verboten. Wie der „Spiegel“ unter Berufung auf den Bundesnachrichtendienst meldet, machen die Wirtschaftsoligarchen in der Umgebung des russischen Präsidenten Putins aus Sorge um ihre Geschäfte Front gegen die Kriegspolitik seiner Sicherheitsleute. Politologe Juri Korgonjuk findet das „völlig logisch“, denn „Putins engste Vertraute kontrollieren die großen Rohstoffkonzerne.“ Andererseits könne Putin sich nicht einfach aus der Ukraine zurückziehen, weil er dann als Verlierer dastehe. Noch sei seine Position zu dominant, um in Gefahr zu geraten. „Aber wenn die Wirtschaft einbricht, kann sich alles ändern“, sagt der Wissenschaftler.