Tripolis/Berlin. Die Situation in Libyen gerät außer Kontrolle. Die Flughäfen der Hauptstadt Tripolis können nicht mehr genutzt werden. Trotzdem reisen wegen heftiger Kämpfe immer mehr Ausländer ab. Der Einschlag einer Rakete in ein Benzindepot in Tripolis löste einen Großbrand auf. Es droht eine Katastrophe.

Heftige Kämpfe zwischen rivalisierenden Milizen stürzen Libyen zunehmend ins Chaos. Nach den USA ziehen immer mehr europäische Länder ihre Botschaftsmitarbeiter aus der Hauptstadt Tripolis ab. Neben Deutschland riefen unter anderem Frankreich, Spanien, Großbritannien, Polen und die Niederlande ihre Staatsbürger zur sofortigen Ausreise auf. Derweil löst ein Raketeneinschlag beim Flughafen in Tripolis einen Großbrand aus.

"Wir haben evakuiert", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Montag. Die deutsche Botschaft sei jedoch nicht geschlossen worden. Mehrere Ortskräfte sind dort nach wie vor tätig. Das Außenministerium wollte keine Auskunft darüber geben, wie viele deutsche Diplomaten außer Landes gebracht wurden und auf welchem Weg dies geschah. Die Botschaft war seit längerem nur noch spärlich besetzt. Wegen der Kämpfe und der Gefahr von Entführungen hatte das Auswärtige Amt schon am Wochenende alle Deutschen aufgerufen, Libyen sofort zu verlassen.

Italien half anderen Länder bei Evakuierung

Das französische Außenministerium in Paris teilte mit, wer noch in Libyen sei, solle so schnell wie möglich Kontakt zur Botschaft in Tripolis aufnehmen. Das polnische Außenministerium erklärte, wegen der angespannten Sicherheitslage solle Libyen bis zur Normalisierung der Lage gemieden werden. Thailand ordnete an, insgesamt 1500 Staatsbürger aus Libyen in Sicherheit zu bringen.

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Die Regierung in Rom hat in den vergangenen Tagen mehr als 100 Italiener auf dem Landweg aus Libyen in Sicherheit bringen lassen. Mit Konvois seien jene Italiener, die wegen der gefährlichen Entwicklung Libyen verlassen wollten, über Land in das etwa 180 Kilometer entfernte Tunesien gefahren worden, teilte das Außenministerium mit. Auf Bitten mehrerer Regierungen hin habe Italien sich auch um den Transfer von Personen anderer Nationalitäten gekümmert, heißt es ohne nähere Einzelheiten.

Wichtigster Flughafen in Tripolis musste geschlossen werden

Die Angehörigen der US-Botschaft hatten Libyen in der Nacht zum Samstag ebenfalls auf dem Landweg nach Tunesien verlassen. Denn der wichtigste Flughafen in Tripolis ist nach Raketeneinschlägen massiv beschädigt und geschlossen. Der Militärflughafen Mitiga ist laut libyscher Regierung ebenfalls in Milizenhand und damit nicht mehr sicher.

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Der seit mehr als 60 Jahren in Libyen tätige deutsche Erdölproduzent Winterhall hat nach Angaben des Sprechers Stefan Leunig bereits nach einer Sicherheitswarnung Ende Mai entschieden, "alle verbliebenen internationalen Mitarbeiter temporär ebenfalls von anderen Standorten außerhalb Libyens weiterarbeiten zu lassen". Durch die andauernde Blockade der Öl-Exportanlagen an der Küste hat Wintershall nach eigenen Angaben die sogenannte Onshore-Förderung im Sommer 2013 einstellen müssen.

Raketeneinschlag löste Großbrand aus

Die jüngste Gewalt am Flughafen von Tripolis war vor gut zwei Wochen zwischen Kämpfern aus den Städten Al-Sintan und Misrata ausgebrochen. Bei den Milizen handelt es sich um ehemalige Revolutionsbrigaden, die 2011 am Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi beteiligt waren. In der Nacht zum Montag traf lokalen Medien zufolge bei Gefechten eine Rakete ein Benzindepot und löste einen Großbrand aus.

Das Nachrichtenportal "Al-Wasat" meldete unter Berufung auf Sicherheitsbehörden und die libysche National Oil Corporation (NOC), dass dort insgesamt 90 Millionen Liter Benzin gelagert seien. Die Behörden befürchteten eine Katastrophe und riefen Anwohner auf, ihre Häuser zu verlassen. (dpa)