Washington. Ukraine, Gaza, Irak, Syrien, Afghanistan, Iran - es gab außenpolitisch einfachere Zeiten für einen amerikanischen Präsidenten. In keiner der genannten Regionen kann Barack Obama Erfolge verbuchen. Passivität ist jedoch das Gegenteil von fahrlässiger Destabilisierung, die Obama oft unterstellt wird.

Ukraine, Gaza, Irak, Syrien, Afghanistan, Iran - und das alles auch noch simultan. Es gab außenpolitisch wahrlich schon einfachere Zeiten für einen amerikanischen Präsidenten. Aber wie das nun mal so ist: Einmal Weltpolizist, immer Weltpolizist. Das globale Dorf schaut immer zuerst auf den Mann in Washington. Was es dort sieht, ist mau. In keiner der genannten Regionen kann Obama Erfolge verbuchen. Da kann sich die kreative Propaganda-Abteilung des Weißen Hauses noch so abmühen. Zweieinhalb Jahre vor Ablauf der zweiten Spielzeit des einstigen Hoffnungsträgers haben viele Akteure auf der politischen Bühne die Hoffnung fahren lassen, dass sich das ändert. Barack Obama wirkt auf sie bestenfalls noch wie ein sympathischer Jongleur in der Manege, der sich zwei Keulen zu viel zugetraut hat. Allein: Das Bild wird dem ersten Mann der Vereinigten Staaten nicht gerecht.

Einander überlappende Konflikte einzuhegen und sie nicht breitbeinig mit dem Revolver im Holster eskalieren zu lassen, ist das Gegenteil von fahrlässiger Destabilisierung, die viele Obama unterschieben. Man stelle sich nur einmal kurz vor, aktenkundige Scharlatane wie Cheney, Rumsfeld und Bush hätten heute das Oberkommando. Der Aufruhr in der Welt wäre um einiges größer. Der Blutzoll sowieso.

Obama scheut die große Konfrontation mit Putin

Natürlich fordert Obamas stoisch praktizierte Abneigung gegen primär militärische Antworten auf politisch-historische Fragen (Israel/Palästina) oder religiös grundierte Dauerfehden in der islamischen Welt seinen Preis. Die Zurückhaltung wird als selbstverordnete Verzwergung wahrgenommen. Das lockt Schein-Riesen an. Im Stile einer asymetrischen Kriegsführung hat sich Russlands Präsident als Gegner positioniert. Wladimir Putin findet jede Krise gut, solange sie Amerika schadet. Sein Ziel ist klar und perfide: Er will die Europäische Union spalten, die Nato in die Verteidigungsfalle locken, zumindest an den Rand, und an strategisch wichtigen Punkten der Welt die russische Einflusssphäre erweitern. Wenn nötig mit dem Holzhammer.

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Für diesen Zweck ist dem dunklen „Zar des 21. Jahrhunderts“ (Time-Magazin) kein Mittel zu schäbig, wie die Tragödie um die MH 17 in der Ukraine zeigt. Alle Indizien sprechen vorläufig dafür: Putins Apparatschiks haben marodierende Freischärler mit jenen Raketen ausgestattet, die 300 Menschen in den Tod rissen. Auf dem Papier potenziell ein Fall für den internationalen Strafgerichtshof. Aber Putin ist nicht Gaddafi. Und Lockerbie nicht die Ukraine. Niemand wird den ehemaligen KGB-Mann belangen. Auch Obama scheut die große Konfrontation mit seinem Widersacher. Er fürchtet ein geopolitisches Schleudertrauma. Er braucht Putin an diversen Brandherden. Und Europa braucht russisches Gas.

Weiterwursteln ist die Devise

Sanktionen, die Putins potemkinsches Russland wirklich zusammenkrachen ließen, wird es so wenig geben wie ein strammes Zurück zur Eindämmungspolitik, die Amerika im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion exerziert hat. Der Paria ist zu relevant, um dauerhaft ignoriert zu werden. Je stärker der Westen auf Moskau eindrischt, desto größer würde der Abwehr-Reflex.

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In dieser Patt-Situation zu beklagen, dass Amerika nicht der radikale Einebner der globalen Konflikte sein will, hilft wenig. China hat genug mich sich zu tun. Die Vereinten Nationen werden durch Moskau und Washington in der Bedeutungslosigkeit gehalten. Europa macht sich, je näher die Probleme kommen, immer kleiner. Und ein Ersatz-Schiedsrichter bleibt Wunschdenken. Weiterwursteln ist darum die Devise. Und das Schlimmste verhüten. In dieser Gemengelage keinen Heißsporn im Weißen Haus zu wissen, wird sich im Nachhinein vielleicht einmal als Segen herausstellen.