Washington. . US-Geheimdienste gehen davon aus, dass von Moskau unterstützte Separatisten das Passagierflugzeug über der Ukraine mit einer Boden-Luft-Rakete und möglicherweise russischer Hilfe abgeschossen haben. US-Präsident Barack Obama fordert eine lückenlose Aufklärung. US-Politiker fordern eine entschlossene Antwort der Europäer.
Präsident Barack Obama machte sich die Bewertung der US-Gehemdienste zu eigen, die Boing 777 sei höchstwahrscheinlich von Separatisten abgeschossen worden. Er hielt sich jedoch mit konkreten Schuldzuweisungen oder Strafandrohungen in Richtung Kreml und Präsident Wladimir Putin noch zurück.
„300 unschuldige Menschen, Männer, Frauen, Kinder ließen ihr Leben. Sie hatten nichts mit dem Konflikt in der Ukraine zu tun“, sagte Obama am Freitag im Weißen Haus, und nannte den Vorgang eine „Schande unaussprechlicher Größe“.
Obama warnte vor voreiligen Schlüssen: „Wir müssen die Fakten abwarten.“ Darum müsse eine „umfassende, glaubwürdige, störungsfreie und internationale Untersuchung“ unverzüglich einsetzen. Er ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass er Moskau als den entscheidenden Verursacher der prekären Verhältnisse in der Ukraine ansieht, in denen sich die Katastrophe ereignet hat. Pro-russische Separatisten, die von Moskau in einem „ständigen Fluss“ mit Waffen, Material und Training unterstützt würden, hätten bereits in der Vergangenheit zwei Flugzeuge abgeschossen, einen Transporter und einen Helikopter.
„Eine globale Tragödie“
„Wir haben die wachsende Überzeugung, dass im vorliegenden Fall Separatisten die Verursacher waren“, sagte Obama. Zuvor hatte Samantha Power, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, sogar erklärt: „Wir können nicht ausschließen, dass russisches Personal beim Betrieb dieser Systeme geholfen hat.“
Obama bezeichnete die Katastrophe als „globale Tragödie im europäischen Luftraum“, die von Europa als „Weckruf“ verstanden werden müsse. Ex-Außenministerin Hillary Clinton hatte sich zuvor eine Führungsrolle Europas bei der Formulierung einer Antwort an die Adresse Putins gewünscht: „Es sollte eine Empörung in den europäischen Hauptstädten geben“, sagte sie.
Was die Konsequenzen der Katastrophe angeht, gehen die Lesarten in den USA auseinander. Obama werde dadurch „weitaus bessere Argumente“ haben, die EU auf einen härteren Sanktionskurs gegen Russland einzuschwören, sagten demokratische Abgeordnete im Kongress. Pro-ukrainische Positionen würden durch das Unglück, das allein durch die Passagierliste internationale Dimensionen bekommt, leichter zu vertreten sein.
Putin irritiert Amerika
Skeptiker in Washington glauben dagegen nicht, dass etwa das auf Gasimporte aus Russland angewiesene Deutschland den Bruch mit Moskau riskiert und Wirtschaftssanktionen gegen Russland das Wort redet.
Putins Verhalten hat in den USA Irritationen ausgelöst. Noch am Donnerstag wies er der Ukraine, die ihren Luftraum nicht hinreichend schützen könne, die pauschale Verantwortung für die Tragödie zu. Gestern dann warb Putin für einen Waffenstillstand in der Ukraine und für schnelle Friedensgespräche. „Er wird den Druck auf die pro-russischen Separatisten erhöhen“, vermutet Washington, „er steht mit dem Rücken zur Wand.“