Berlin. Die Debatte über die umstrittenen Äußerungen von Bundesbank-Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin (SPD) hält an. Unterdessen wies die Bundesbank Berichte zurück, wonach der Inhalt des Interviews mit dem Vorstand abgestimmt war.

Die Debatte über die umstrittenen Äußerungen von Bundesbank-Vorstandsmitglied und Berlins Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hält an. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse kritisierte am Wochenende zwar den Stil Sarrazins, forderte aber zugleich eine inhaltliche Auseinandersetzung. Einen Parteiausschluss lehnte er ab. Unterdessen wies die Bundesbank Berichte zurück, wonach der Inhalt des Interviews mit dem Vorstand abgestimmt war.

Sarrazin, der seit Mai Vorstandsmitglied der Bundesbank ist, war in die Kritik geraten, weil er sich in einem Interview abfällig über in Berlin lebende Türken und Araber geäußert hatte. Die Bundesbank hatte ihm daraufhin einen Teil der Aufgaben entzogen.

Bundesbankchef Axel Weber habe gegen das umstrittene Interview Sarrazins jedoch erst protestiert, als das Erscheinen des Interviews nicht mehr aufzuhalten gewesen sei, berichtet »Der Spiegel«. Schon die Interview-Anfrage der Kulturzeitschrift «Lettre International» sei über die Pressestelle der Institution gekommen.

Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung hätten Sarrazin zu dem Gespräch geraten, das dann in der Niederlassung der Bundesbank in Berlin geführt worden sei, schreibt das Magazin. Der Leiter der Kommunikationsabteilung habe nach eingehender Lektüre keine grundsätzlichen Bedenken gehabt, aber Änderungsvorschläge gemacht, die Sarrazin auch übernahm.

Ohne Rücksprache mit den übrigen Vorständen

Anschließend habe die Bank die genehmigte Fassung an «Lettre» übermittelt. Nach Darstellung des Magazins distanzierte sich die Bundesbank von den «diskriminierenden Äußerungen von Dr. Thilo Sarrazin» alleine durch Weber - ohne Rücksprache mit den übrigen Vorständen.

Dagegen betonte eine Bundesbank-Sprecherin, das Interview sei von Sarrazin «selbstverantwortlich geführt und von ihm selbst in der gedruckten Form freigegeben» worden. Das sei geschehen «trotz früher Warnungen, dass einige Formulierungen als Provokation aufgefasst werden könnten».

Sarrazin habe es «ausdrücklich abgelehnt, bei diesem Interview von der Kommunikationsabteilung betreut zu werden», sagte die Sprecherin mit Blick auf einen Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Das Blatt schrieb, Weber habe «entgegen bisherigen Darstellungen in der Öffentlichkeit» erst nach Drucklegung des Interviews ausrichten lassen, dass er empört über die Äußerungen sei. Zudem habe Sarrazin die zweimalige Autorisierung des Interviews «über die Pressestelle der Bundesbank» abgewickelt.

Thierse sagte: «Thilo Sarrazins sprachlichen Entgleisungen muss man energisch widersprechen.« Und dann müsse man »ernsthaft über die tatsächlich existierenden Integrationsprobleme reden, auf die er mit falscher Wortwahl und in entsetzlich überzogener Weise hingewiesen hat«. Forderungen, Sarrazin aus der SPD auszuschließen, widersprach Thierse, der auch Mitglied des SPD-Parteivorstands ist. Er sei kein Freund von Parteiausschlüssen, «sondern immer schon ein überzeugter Anhänger der freien, auch der kraftvollen Meinungsäußerung gewesen». (ddp)

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