Berlin. . Mehrere Gesetzesvorhaben der Bundesregierung wurden zuletzt vertragt. „Plötzlich läuft es nicht mehr richtig“, wundert sich ein SPD-Regierungsmitglied, „die Stimmung hat sich geändert.“ Vor allem die Union ist nicht gut auf den Partner SPD zu sprechen. Da kommt die Sommerpause gerade recht.
Es sollte der nächste große Coup der SPD werden und das erste Meisterstück von Justizminister Heiko Maas. Spätestens nächste Woche wollte der SPD-Politiker seinen Gesetzentwurf zur Mietpreisbremse auf den Weg bringen, damit das Paket gegen allzu üppige Mietsprünge Anfang 2015 in Kraft treten kann. Doch daraus wird nichts. Überraschend hat die Koalitionsspitze das Projekt auf Herbst verschoben. Denn die Union macht massive Bedenken geltend – dass eine Einigung gelingt, ist nicht mehr sicher.
Das Bremsmanöver ist kein Einzelfall. Auch andere Gesetzesvorhaben werden plötzlich vertagt. Erst vergangene Woche wurde auf Druck der Union kurzfristig das Thema Tarifeinheit zur Beschränkung kleiner Spartengewerkschaften von der Tagesordnung des Kabinetts gestrichen; bei CDU und CSU gibt es nun verfassungsrechtliche Einwände.
Es knirscht pünktlich zur Sommerpause
„Plötzlich läuft es nicht mehr richtig“, wundert sich ein SPD-Regierungsmitglied, „die Stimmung hat sich geändert.“ In der Großen Koalition knirscht es pünktlich zur Sommerpause, und dass es im Herbst besser wird, ist nicht zu erwarten.
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Grund ist vor allem eine grassierende Unzufriedenheit in der Union. Nach außen hin loben sich die Koalitionäre zwar für das kollegiale Miteinander und die Zwischenbilanz – Mindestlohn, Rentenpaket, Ökostromreform und der erste ausgeglichene Haushalt. Nach innen beklagen CDU und CSU nicht nur ein Übergewicht sozialdemokratischer Themen. Noch mehr stört sie inzwischen der Eindruck, dass die eigenen Vorhaben von der SPD nicht ausreichend unterstützt werden.
Dass sich zum Beispiel die SPD-Minister für Justiz und Familie, Maas und Schwesig, bei der Verschärfung des Prostitutionsgesetzes auffallend viel Zeit lassen und Unionswünsche etwa nach einem höheren Mindestalter für Prostituierte schon im Vorfeld abbügeln, wird in der Union als Provokation empfunden.
Strategischer Vorteil der SPD
Ein Konfliktpunkt ist auch der strategische Vorteil, den die SPD durch die rot-grüne Mehrheit in der Länderkammer im Rücken hat – sie kann missliebige Projekte im Bundestag mittragen und dann zusehen, dass die Sache vielleicht doch noch im Bundesrat scheitert.
Beim Sommerfest des Parlamentskreises Mittelstand der Union gestand Unions-Fraktionschef Volker Kauder diese Woche offen, es sei nicht immer einfach, manches lasse „uns die Faust in der Tasche ballen“. Mangels Alternative müsse man aber den Erfolg der Koalition wollen. In kleiner Runde beschwerte er sich auch gegenüber dem Koalitionspartner über Hakeleien: „Jetzt langt es aber mal!“, schimpfte er.
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„Wir beobachten viel Unmut bei der Union“, heißt es im SPD-Teil der Regierung, „es gibt offensichtlich jetzt das Bemühen, dass die SPD nicht zu viel Oberhand gewinnt.“
Nach der Sommerpause wird die Union versuchen, eigene Schlüsselprojekte auf die Tagesordnung zu setzen. Aber welche? Ihr fehlt ein Identitätsthema, große Unionsprojekte sind im Koalitionsvertrag Mangelware. Der Wirtschaftsflügel hofft, doch noch mit Steuerentlastungen zu punkten. Aber selbst da ist das Misstrauen gegenüber dem Koalitionspartner groß. Kauder warnt, die SPD fordere nun auch Steuersenkungen, um auf der anderen Seite ihre Steuererhöhungspläne durchzusetzen. Die Union dürfe nicht auf diese „Tricksereien“ hereinfallen.