Bagdad. Offiziell wollte US-Außenminister Kerry nur Ägypten und Jordanien besuchen. Doch die Krise im Irak hat sich so verschärft, dass er überraschend nach Bagdad gereist ist. Sein Ziel: eine irakische Einheitsregierung. Kerry wird auch noch in Europa erwartet.
US-Außenminister John Kerry ist überraschend nach Bagdad gereist, um die politische Führung des Landes zur Bildung einer neuen Regierung zu drängen. Kerry traf nach Angaben des US-Außenministeriums am Montagmorgen in der irakischen Hauptstadt ein. Dort kommt er unter anderem mit Regierungschef Nuri al-Maliki zusammen. Kerry wolle die politische Führung des Landes dazu bringen, eine Regierung zu bilden, die die Interessen aller Iraker vertrete, teilte das State Department mit.
Al-Maliki steht seit langem in der Kritik, weil seine von Schiiten dominierte Regierung die Sunniten im Irak diskriminiert. Nach dem Vormarsch der sunnitischen Islamistenmiliz Isis im Norden und Westen des Landes steigt im In- und Ausland der Druck auf den schiitischen Ministerpräsidenten, sein Amt aufzugeben. Der Regierungschef lehnt einen Rücktritt bislang jedoch ab.
Die Kämpfer der extremistischen Gruppe Islamischer Staat im Irak und Syrien (Isis) hatten am Wochenende weitere Orte im Norden und Westen des Iraks eingenommen und ihre Machtposition ausgebaut. Sie bedrohen nun auch den zweitgrößten Staudamm im Land mit einem strategisch wichtigen Wasserkraftwerk. Isis kontrolliert im Norden des Iraks bereits die Millionenstadt Mossul, in deren Nähe ebenfalls eine große Talsperre liegt.
Isis offenbar weiter auf dem Vormarsch
Laut Medienberichten brachte Isis zudem mehrere Ortschaften an der Grenze zu Syrien und Jordanien unter Kontrolle. Jordanien mobilisierte nach dem Vorrücken der Isis-Terroristen die Streitkräfte an seiner Grenze. Das Königreich habe "Dutzende" Verbände entlang der Grenze aufgeboten, verlautete aus Militärkreisen in Amman.
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Kerry hatte vor seiner Ankunft in Bagdad Ägypten und Jordanien besucht. In Kairo verwies er auf die Unzufriedenheit der Sunniten, Kurden und auch einiger Schiiten mit der Regierung Al-Malikis. Zur Lösung der Krise müssten konfessionelle Interessen in den Hintergrund rücken, mahnte Kerry.
Die USA hatten angekündigt, das irakische Militär im Kampf gegen die Terrormiliz zu unterstützen. Washington setzt dabei unter anderem auf einen möglichst kurzen Einsatz von rund 300 Soldaten, die als Militärberater in den Irak geschickt werden sollen.
Auch Treffen in Brüssel geplant
Nach Angaben des State Departments reist der US-Außenminister anschließend nach Europa weiter, wo er unter anderem in Brüssel am Treffen der Nato-Außenminister am Dienstagabend und Mittwoch teilnimmt.
Die Außenminister der 28 EU-Staaten wollen am Montag in Luxemburg die Gewalt der Islamisten verurteilen und eine Regierung fordern, in der Sunniten und Schiiten gleichermaßen vertreten sind. (dpa)