Berlin. . Für die abschlagsfreie Rente gilt ab 1. Juli die neue Altersgrenze von 63 Jahren - allerdings mit Ausnahmen. Aber schon jetzt steht fest: Das Interesse ist groß. In Nordrhein-Westfalen liegen bereits Tausende Anträge vor. Die deutsche Wirtschaft warnt vor akutem Fachkräftemangel.

Die abschlagfreie Rente mit 63 stößt bei den Beschäftigten in NRW auf großes Interesse. Eine Woche vor dem Start am 1. Juli liegen den großen regionalen Versicherungsträgern in NRW rund 3350 Anträge vor, wie die Sprecher der Rentenversicherungen Rheinland und Westfalen am Montag auf Anfrage mitteilten. Die Zahl steige täglich. In den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf wurden bisher 1750 Gesuche eingereicht, in den Bezirken Münster, Arnsberg und Detmold sind es rund 1600 Anträge.

Neben den beiden genannten Versicherungsträgern sind für die Arbeitnehmer in NRW noch zwei weitere Anstalten zuständig. Die Deutsche Rentenversicherung Bund zählte deutschlandweit eigenen Angaben nach bereits mehr als 6000 Anträge, kann jedoch keine regionalen Zahlen für NRW nennen. Bei der Knappschaft-Bahn-See liegen in der gesamten Republik 2700 Anträge vor, in den Regionaldirektionen NRW sind es gut 400.

Wirtschaft warnt vor Fachkräftemangel

Mit 63 Jahren ohne Abschlag in Rente gehen kann vom 1. Juli an, wer mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat. Begünstigt sind aber nur die Geburtsjahrgänge zwischen Mitte 1951 und 1963. Die Eingliederung in die vier Rententräger in NRW erfolgt überwiegend nach dem Zufallsprinzip: Bis 2005 fielen Angestellte in die Zuständigkeit der Rentenversicherung Bund mit Sitz in Berlin, Arbeiter wurden in regionalen Landesstellen erfasst.

Auch interessant

Diese Aufteilung wurde aufgehoben. Wer allerdings auch nur einen Monat in einem knappschaftlichen Betrieb gearbeitet hat, wird weiterhin bei dem zuständigen Träger in Bochum erfasst.

Die deutsche Wirtschaft beobachtet die Entwicklung mit großer Sorge. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, sagte: "Viele Beschäftigte prüfen derzeit, ob sie mit 63 abschlagsfrei in Rente gehen können. Ich habe die große Sorge, dass letztlich viele Erwerbstätige früher ausscheiden." Das sei ein herber Schlag für die betroffenen Unternehmen, denen letztlich Fachkräfteengpässe drohten.

Bundesministerium nicht überrascht

Das Bundessozialministerium hat das Interesse an der abschlagsfreien Rente mit 63 als wenig überraschend bezeichnet. Die Zahl der bisherigen Anträge von geschätzt bundesweit etwa 12 000 sei nicht besonders hoch, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag in Berlin.

Schon nach altem Recht wurden pro Jahr etwa 150 000 Anträge auf eine Rente mit 63 erwartet, für die man dann Abschläge hinnehmen musste. Wegen der zum 1. Juli in Kraft tretenden Neuregelung werde im laufenden Jahr mit höchstens zusätzlich 50 000 Anträgen gerechnet, sagte der Sprecher. Allerdings habe das Ministerium keine eigene Zahlen vorliegen. (dpa)