Lugansk/Kiew. . In ihrem “Anti-Terror-Kampf“ erleidet die ukrainische Armee einen schweren Rückschlag. Aufständische schießen in Lugansk eine Militärmaschine ab, viele Soldaten sterben. Unter den seit zwei Wochen in der Region festgesetzten OSZE-Beobachtern soll auch eine Deutsche sein.
Der Abschuss eines Militärflugzeugs mit 49 Soldaten durch prorussische Separatisten hat den blutigen Konflikt in der Ostukraine weiter angeheizt. Militante Aufständische hatten die Transportmaschine vom Typ Iljuschin IL-76 beim nächtlichen Landemanöver auf den Flughafen der Großstadt Lugansk mit Raketen angegriffen, wie Armeesprecher Wladislaw Selesnjow am Samstag sagte.
Bei dem "terroristischen Akt" seien alle 49 Insassen ums Leben gekommen, teilte die Staatsanwaltschaft in Kiew mit. Amateurvideos zeigten brennende Trümmer des fast 50 Meter langen Flugzeugs. Die Separatisten in Lugansk bekannten sich zu dem Abschuss. Es ist der schwerste Schlag gegen die Armee seit Beginn ihrer "Anti-Terror-Offensive" gegen Aufständische Mitte April.
Europa-Politiker verurteilt Anschlag "sinnlosen Mord"
Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjorn Jagland, verurteilte den Abschuss als "sinnlosen Mord". Der neue ukrainische Präsident Petro Poroschenko drohte den Separatisten mit Vergeltung. Der Abschuss sei ein "zynischer terroristischer Akt, der unbedingt bestraft werden wird". Die Täter würden eine "angemessene Antwort" erhalten. Poroschenko erklärte diesen Sonntag zum Tag der Trauer.
Nach den Worten von Ex-Verteidigungsminister Anatoli Grizenko waren 40 Fallschirmjäger einer Luftlandebrigade aus Dnjepropetrowsk sowie 9 Mann Besatzung an Bord. Das Flugzeug sei in etwa 700 Metern Höhe von Geschossen aus dem Raketenwerfer "Igla" (Nadel) getroffen worden.
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Grizenko warf Kremlchef Wladimir Putin vor, die militanten Gruppen in der Ostukraine weiter aufzustacheln. "Dies ist kein Konflikt zwischen Bürgern, sondern ein Krieg Putins gegen die Ukraine", meinte er.
Separatisten haben laut USA schwere Waffen aus Russland
In Washington sagte die Sprecherin der US-Außenministeriums, Marie Harf, es gebe "überzeugende Beweise", dass sich die Separatisten schwere Waffen und andere Ausrüstung aus Russland beschafft haben, darunter Panzer. Letztere seien "irgendwie aus russischen Lagerhäusern" geholt worden. Berichte, nach denen es sich um gestohlene ukrainische Panzer handele, träfen nicht zu, sagte die Sprecherin. Auch Präsident Poroschenko hatte sich zuletzt bei einem Telefonat mit Putin über das angebliche Eindringen russischer Panzer auf ukrainisches Staatsgebiet beschwert. Moskau weist dies zurück.
In der Ukraine gehen Regierungstruppen seit Monaten gegen Aufständische in Lugansk und Umgebung vor, die dort eine nicht anerkannte "Volksrepublik" ausgerufen haben. Erst am Vortag hatten Sicherheitskräfte das Zentrum der Hafenstadt Mariupol zurückerobert.
Dort griffen Aufständische am Samstag eine Kolonne des Grenzschutzes mit Granatwerfern an. Bei dem Beschuss seien drei Soldaten getötet und vier verletzt worden, teilten die Behörden mit. Im Raum Donezk starb bei einem Luftangriff der Sicherheitskräfte mindestens ein Separatist, sechs wurden verletzt. Die Aufständischen hätten das Feuer erwidert und einen Kampfjet vom Typ Suchoi Su-25 abgeschossen, hieß es. Der Pilot habe sich per Schleudersitz retten können.
Separatisten belagern Flughafen mit Maschinengewehren
In Lugansk sagte der Militärexperte Dmitri Tymtschuk, zuletzt seien dort drei Transportflugzeuge problemlos gelandet. Allerdings hätten Separatisten in den vergangenen Tagen um den Flughafen herum Stellung bezogen. "Sie belagern das Areal mit MG-Nestern", sagte Tymtschuk.
Unter den von Aufständischen in der Ostukraine entführten OSZE-Beobachtern befindet sich der "Bild"-Zeitung zufolge auch eine Deutsche. Die 44-Jährige sei bereits am 29. Mai in Lugansk als Geisel genommen worden. Sie habe für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Lage in der Region beobachtet. Das Auswärtige Amt wollte sich am Samstag auf Anfrage nicht äußern.
Die Separatisten wollen die Region von der Ukraine abspalten. Sie lehnen den prowestlichen Kurs der Regierung in Kiew ab und streben einen Beitritt zu Russland an - nach dem Vorbild der Halbinsel Krim. (dpa)