St. Petersburg. Der neue ukrainische Präsident Poroschenko stellt eine friedliche Lösung für den Konflikt in der Ostukraine in Aussicht. Die Separatisten misstrauen dem Angebot. Außenminister Steinmeier sieht aber ein “Momentum“, um die Eskalation der letzten Wochen dauerhaft zu überwinden.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist in Russland eingetroffen, um über eine weitere Entschärfung der Ukraine-Krise zu beraten. Am Dienstag kam er in St. Petersburg zunächst mit Polens Außenminister Radoslaw Sikorski zusammen, um sich für ein gemeinsames Treffen mit dem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow abzustimmen. Es ist Steinmeiers erster Russland-Besuch nach dem Anschluss der Krim an Russland. Wegen der jüngsten Entspannungssignale war das schon zu Jahresbeginn am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz vereinbarte Treffen nicht abgesagt worden.

Im Fokus steht unter anderem die Lage in der Ostukraine. Bisher fehlt ein Friedensplan für die von schweren Kämpfen zwischen Separatisten und ukrainischem Militär erschütterte Region. Für die Dreier-Gespräche waren rund zweieinhalb Stunden angesetzt.

Russisches Vorgehen schürt Ängste in Polen

Es ist das fünfte trilaterale Treffen seit 2009, aber das erste unter den Vorzeichen einer massiven Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Russland und der EU. Eine Idee hinter den deutsch-polnisch-russischen Treffen ist auch die Überwindung historischer Konflikte und das Aufbauen von Vertrauen.

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In Polen hatte das russische Vorgehen neue Ängste vor einer Bedrohung durch das Land geschürt. Steinmeier betonte, es gehe darum, "wie das positive Momentum der letzten Tage genutzt werden kann, um den Prozess der Deeskalation unumkehrbar zu machen". Von einer Lösung der Krise sei man noch weit entfernt, aber die Tonlage von russischer Seite habe sich merklich gewandelt. Zudem sprächen nach langem diplomatischen Bemühen die Konfliktparteien endlich unmittelbar miteinander, hatte er vor der Reise gelobt.

Ukraine kämpft gegen Staatsbankrott

Auf Vermittlung von EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) wird parallel um eine Lösung im Gasstreit verhandelt - Russland fordert für weitere Gaslieferungen eine Begleichung angehäufter Schulden für geliefertes Gas. Ein erster Hoffnungsschimmer war hier die jüngste Begleichung eines Teils der Schulden - der ukrainische Versorger Naftogas überwies 786 Millionen US-Dollar an den russischen Gazprom-Konzern. Die Ukraine kämpft nach den jüngsten Verwerfungen auch noch gegen einen Staatsbankrott. In der Nacht auf Dienstag blieb allerdings eine weitere Verhandlungsrunde ohne Ergebnis.

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Der neue ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte zuletzt eine Waffenruhe für die Ostukraine angekündigt. Einen Zeitpunkt nannte er nicht. Steinmeier hatte im Vorfeld des Besuchs beide Seiten zur Mäßigung und Stabilisierung der Lage ermahnt. Russland pocht vor allem auf ein Ende des ukrainischen Militäreinsatzes. Präsident Wladimir Putin hatte als Zeichen des Entgegenkommens verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zur Ukraine angeordnet, um das weitere Eindringen Bewaffneter in die Unruheregion zu unterbinden - dies fordert auch Steinmeier.

Denkbar wäre zum Beispiel der Aufbau eines gegenseitigen Informationssystems, um sich über Auffälligkeiten an der Grenze und das drohende Einsickern von Kämpfern auszutauschen.

Kontakt-Gruppe mit Vermittlerfunktion

Eine wichtige Vermittlerfunktion hat eine Kontakt-Gruppe mit dem ukrainischen Botschafter in Deutschland, Pawel Klimkin, der Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini als Vertreterin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und Russlands Botschafter in der Ukraine, Michail Surabow.

Nach dem umstrittenen und vom Westen nicht anerkannten Votum auf der Krim für einen Anschluss an Russland hatten Separatisten auch die Kontrolle über einige Städte im Osten des Landes übernommen. Der Milliardär Poroschenko tritt für einen Kurs der Annäherung an die EU ein. Russland sprach bisher nur von Respekt für die Wahl des ukrainischen Volkes und nicht - wie vom Westen gefordert - von einer Anerkennung des Wahlsiegs von Poroschenko. (dpa)