Jerusalem. Der Aufruf zur Versöhnung steht im Zentrum des Papst-Besuchs im Heiligen Land. Auf dem Tempelberg und an der Klagemauer erwies Franziskus anderen Weltreligionen seinen Respekt. Israels Präsidenten Peres nahm die Einladung des Papstes zu einem Gebet mit Mahmud Abbas im Vatikan an.

Papst Franziskus hat am letzten Tag seiner Nahost-Reise die heiligen Stätten der Muslime und Juden in Jerusalem besucht. Der Pontifex betete an der Klagemauer. Später bezeichnete er den Holocaust in der Gedenkstätte Yad Vashem als "unermessliche Tragödie". Für Israels betagten Präsidenten, Friedensnobelpreisträger Schimon Peres, äußerte Franziskus "Bewunderung". Der 90-Jährige nahm zugleich eine Einladung des Papstes zu einem gemeinsamen Gebet mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Vatikan offiziell an.

Peres drückte die Hoffnung aus, dass der Besuch des Papstes die Chancen auf Frieden in Nahost und die Realisierung der Zweistaatenlösung erhöhen werde. "Einen jüdischen Staat - Israel. Und einen arabischen Staat - Palästina", nannte der Staatschef als Ziel. Er hat jedoch nur repräsentative Funktionen und damit kaum Einfluss auf die Politik der siedlerfreundlichen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Den wollte der Papst anschließend in einer Privataudienz empfangen.

Papst prangert Terrorismus und Diskriminierung an

Der Papst äußerte Dank und Bewunderung für Peres als "Mann des Friedens". Zugleich warnte er vor einseitigen Schritten, die eine Friedenslösung erschweren könnten. "In diesem Zusammenhang bringe ich erneut den Wunsch zum Ausdruck, dass allerseits Initiativen und Taten vermieden werden, die dem erklärten Willen, zu einer wirklichen Übereinkunft zu gelangen, widersprechen", sagte der Argentinier.

Er forderte zum Widerstand gegen alles auf, was sich einem Nahost-Frieden und dem respektvollen Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen entgegenstellt, namentlich Gewalt und Terrorismus, jede Art der Diskriminierung und Antisemitismus. "Mit Entschiedenheit muss das alles verworfen werden", sagte Franziskus. Gemeinsam pflanzten Papst und Staatschef im Garten des Präsidentensitzes einen Olivenbaum, ein Symbol des Friedens.

Kranz für Theodor Herzl

An der Klagemauer verharrte der Papst in stiller Einkehr und steckte einen Zettel in eine der Ritzen zwischen den Quadern. Für Juden ist dies ein Ort, der ihren historischen Anspruch auf das Land repräsentiert. Anschließend legte Franziskus als erster Papst einen Kranz am Grab von Theodor Herzl nieder.

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Herzl ist der Begründer des modernen Zionismus und damit ein Symbol für die Rückkehr der Juden nach Israel. In palästinensischen Kreisen war diese Geste auf Kritik gestoßen. Zuvor hatte der Papst den wegen Aufrufen zur Gewalt umstrittenen Großmufti von Jerusalem getroffen, was in Israel missfiel.

Gedenken an Massenmord

In Yad Vashem hob der Papst die Ungeheuerlichkeit des von Deutschen und ihren Helfershelfern begangenen Massenmordes an Juden hervor. "Vielleicht konnte nicht einmal der Vater (Gott) sich einen solchen Fall, einen solchen Abgrund vorstellen", sagte das Oberhaupt der Katholiken. "Wer bist du, o Mensch, Wer bist du geworden? Zu welchem Gräuel bist du fähig gewesen? Was hat dich so tief fallen lassen?", fragte Franziskus eingedenk sechs Millionen während des Zweiten Weltkrieges ermordeter Juden.

Der Pontifex warnte bei dem Treffen mit Mufti Mohamed Hussein vor religiös motivierter Gewalt. "Niemand gebrauche den Namen Gottes als Rechtfertigung für Gewalt!", sagte er bei einer kurzen Ansprache auf dem Tempelberg in Jerusalem. Der sunnitische Großmufti hatte sich vor gut zwei Jahren harsche Kritik Israels und der Europäischen Union zugezogen, als er einen religiösen Text zitierte, in dem zur Tötung von Juden aufgerufen wird. (dpa)