Rom/Vatikanstadt. Vor einem Jahr ist er gewählt worden, und ein Stück weit hat Papst Franziskus seine Kirche bereits umgekrempelt. Dazu gehören ein neuer Stil und der Beginn von Reformen. Den Jahrestag verbringt das Oberhaupt der katholischen Kirche für die traditionellen Fastenexerzitien in Abgeschiedenheit.
Fernab vom Trubel in Rom hat Papst Franziskus am Donnerstag sein erstes Amtsjubiläum begangen. Lediglich im Kurzbotschaftendienst Twitter meldete sich der Pontifex am Donnerstag öffentlich zu Wort. "Betet für mich!" schrieb er seinen zwölf Millionen "Followern" in neun Sprachen. Der Papst befindet sich seit dem Wochenende mit den Kurienkardinälen zu Einkehrtagen anlässlich der Fastenzeit in einem kleinen Dorf südöstlich von Rom und wird erst am Samstag wieder in den Kirchenstaat zurückkehren.
Franziskus, der auf jeglichen Pomp verzichtet, erfreut sich großer Beliebtheit bei Katholiken und auch bei Nicht-Gläubigen. Im ersten Jahr seines Pontifikats stieß er eine Reihe von Debatten und Reformen an und sorgte mit seinem betont bescheidenen Lebensstil für Aufsehen.
Vom "Time"-Magazin wurde er zur Persönlichkeit des Jahres gekürt und auch das Musikmagazin "Rolling Stone" hob ein Bild des Papstes auf seinen Titel. Dem 77-Jährigen selbst ist der Personenkult jedoch zuwider. "Den Papst als Superman darzustellen, als eine Art Star, scheint anstößig", sagte er kürzlich in einem Interview. "Ich mag diese Papst-Franziskus-Mythologie nicht."
Franziskus wirft noch viele Fragen auf
Neben den Gratulationen von Staatschefs und einfachen Gläubigen haben die Medien in aller Welt dieses erste Jahr des Pontifikats ausführlich nachgezeichnet und gewürdigt. In Italien wird er als "sanfter Revolutionär" und "Brückenbauer" zwischen dem Vatikan und den Gläubigen" hervorgehoben.
Auf Twitter erhielt der Papst am Donnerstag zahlreiche Glückwünsche. "Ein triumphales erstes Jahr", schrieb etwa die "Washington Post".
Franziskus werfe aber noch viele Fragen auf, meinte am Jahrestag der Wahl die Turiner Tageszeitung "La Stampa": "Ist er großteils ein Medienphänomen? Geht es ihm allein um seelsorgerische Erneuerung? Oder beginnt in der Kunst der Auslegung der Kirchendoktrin eine neue Phase?". Vatikan-Sprecher Federico Lombardi hielt fest, Franziskus habe schon "einen großen Impuls für eine Kirche im Aufbruch gegeben."
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"Eine starke Dynamik ist spürbar", erläuterte Lombardi im Radio Vatikan, und wesentlich in diesem ersten Jahr des Pontifikats von Jorge Mario Bergoglio sei sicherlich die große Aufmerksamkeit für ihn, die starke Anziehungskraft, die er ausübe. Davon zeugen nach wie vor die Massen bei den öffentlichen Auftritten des Papstes auf dem Petersplatz. Eine Eurispes-Umfrage in Italien ergab ein Plebiszit für den Papst: 87 Prozent der Befragten schätzen ihn und seine Art, das zuvor untergrabene Vertrauen in die Kirche ist immerhin wieder auf 50 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Wert seit etwa sechs Jahren.
Erst nach dem Ende dieser Fastenwoche in Ariccia am Freitag nimmt Franziskus wieder öffentliche Termine wahr. Dann beginnen für ihn anstrengende Wochen vor dem Osterfest mit wichtigen Audienzen. So wird US-Präsident Barack Obama für eine Unterredung in Rom erwartet.
Der Argentinier Jorge Bergoglio war am 13. März 2013 zum Nachfolger des deutschen Papstes Benedikt XVI. gewählt worden, der im Februar aus Altersgründen seinen Rücktritt erklärt hatte. (dpa/afp)