Essen. Die Europawahl an diesem Wochenende wird in doppelter Hinsicht zur Zitterpartie. Zum einen scheint das Interesse der Bürger in vielen der 28 EU-Länder an der Wahl eher gering, es droht eine extrem geringe Beteiligung. Zudem wird mit Spannung das Abschneiden rechtspopulistischer Parteien erwartet.

In den Niederlanden, wo bereits am Donnerstag abgestimmt wurde, lag die Beteiligung bei schlappen 37 Prozent. Ähnlich sah es in Großbritannien aus; auch hier ist die Wahl bereits beendet. Ein Alarmzeichen? „Niedrige Wahlbeteiligung kann in Unzufriedenheit über die Politik wurzeln, aber auch im Gegenteil. Motto: Es läuft gut, ich bin zufrieden“, sagt Professor Karl-Rudolf Korte, Politikforscher der Uni Duisburg-Essen. „Die Mehrzahl der Nichtwähler ist aber eher apathisch gegenüber der Politik: kein Interesse, kein Bezug, kein Gedanke an die Möglichkeit, selbst Einfluss zu nehmen“, so Korte.

Die TV-Duelle der Spitzenkandidaten Martin Schulz und Jean-Claude Juncker bei ARD und ZDF stießen in den letzten Wochen nur auf geringes Interesse. In Nordrhein-Westfalen setzen die Parteien darauf, dass wegen der gleichzeitig stattfinden Kommunalwahlen viele Bürger in die Wahllokale strömen werden.

2009 lag die Wahlbeteiligung europaweit bei 43 Prozent (Deutschland: 43,3). Umfragen zufolge könnte sie diesmal noch niedriger ausfallen. Zum Vergleich: Bei der ersten Europawahl 1979 beteiligten sich 63 Prozent der Bürger (Deutschland: 65,7) an der Wahl.

Wahlschlappe für den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders

Eine geringe Beteiligung könnte die Chancen der rechtspopulistischen Parteien, die ihre Anhänger meist gut mobilisieren, erhöhen. So stehen die Europagegner der britischen UKIP offenbar vor einem großen Erfolg, in Italien kann Beppe Grillos eurokritische „Fünf-Sterne-Bewegung“ mit einem starken Resultat rechnen. Der fremdenfeindliche Front National von Marine Le Pen könnte in Frankreich gar stärkste Partei werden. In Deutschland sagen Prognosen der eurokritischen AfD ein gutes Ergebnis voraus.

Allerdings: In den Niederlanden musste der Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Freiheitspartei PVV am Donnerstag offenbar eine Schlappe hinnehmen. „Vielleicht haben die öffentlichen Diskurse über die EU als Friedens- und Wohlfahrtsgemeinschaft ja gewirkt“, hofft Politik-Experte Korte.

Laut ZDF-Politbarometer vom Freitag kommen CDU/CSU bei der Europawahl auf 37,5 Prozent, die SPD auf 26,5 Prozent. Die FDP liegt demnach klar unter 5, die Grünen bei 10, die Linke bei 7,5 und die AfD bei 7 Prozent.