Ruhrgebiet. . Als erstes Krankenhaus deuschlandweit untersagt die Augusta-Klinik in Bochum ihren Ärzten und Mitarbeitern den Händedruck. „Das gilt sowohl für den Gruß des Patienten als auch für den Gruß untereinander“, heißt es in einer ab sofort geltenden Dienstanweisung für die 1600 Beschäftigten.

Im Kampf um bessere Hygienemaßnahmen im Krankenhaus hat die Bochumer Augusta-Klinik einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen: Ab sofort ist Händeschütteln verboten. Für diesen Vorstoß erhält das Krankenhaus Lob, es gibt aber auch Bedenken.

Der Geschäftsführer der Augusta-Klinik, Ulrich Froese, der die Idee ins Leben rief, sagt: „Achtzig Prozent aller Infektionen werden über die Hand übertragen. Wir hoffen, diesen Anteil über unsere Maßnahme auf fünf Prozent herunterdrücken zu können.“

Händewaschen braucht zuviel Zeit

Die Idee, die als deutschlandweit einmalig gilt, trifft auch bei dem Hygiene-Experten des Essener Uniklinikums auf Zustimmung. Prof. Walter Popp: „Ich finde die Idee gut, auch wenn es noch keine Studien über den Erfolg dieser Maßnahme gibt.“

Der Verzicht aufs Händeschütteln habe aus Sicht des Initiators Ulrich Froese einen deutlichen Vorteil gegenüber der klassischen Händedesinfektion: „Das richtige Händewaschen und Desinfizieren braucht viel Zeit. Bei einer Krankenschwester kommen pro Tag gut und gerne zwei Stunden Zeit für die Handhygiene zusammen. Diese Zeit kann deutlich sinnvoller eingesetzt werden.“

Abwägen zwischen dem Bedarf nach Zuwendung und Hygiene

Frank Hünger, Facharzt für Hygiene vom Hygienenetzwerk Dortmund/Westfalen am Klinikum Dortmund sieht die Maßnahme kritisch: „Menschen wollen gesund werden. Die Risiken für Infektionen müssen mit Zuwendung, die die Patienten brauchen, aufgewogen werden.“

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Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium bewertet den Bochumer Vorstoß ähnlich zurückhaltend: „Wir teilen die Expertenmeinung, von Fall zu Fall zu entscheiden und zwischen dem Bedarf nach Zuwendung und der Hygiene abzuwägen“, so ein Sprecher.

Ministerin Barbara Steffens (Grüne) beklagte den Anstieg der besonders gefährlichen multiresistenten Keime (MRSA), ist aber der Meinung, dass die gesetzlichen Auflagen im Kampf gegen die Keime ausreichen. Sie will mithilfe ei­nes Patientenfragebogens zu mehr Hygiene beitragen: Patienten sollen ankreuzen, wie ernst die jeweilige Klinik die Handhygiene nimmt.

In Deutschland sterben bis zu 30.000 Patienten im Jahr an Krankenhaus-Infektionen, so die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene.