Slawjansk. . Er ist der selbsternannte Volksbürgermeister und pro-russische Rebellenführer, der in der ost-ukrainischen Stadt Slawjansk offenbar schaltet und waltet, wie er will. Er hat OSZE-Mitarbeiter als Geiseln genommen und verkündet es der Welt grinsend. Wer ist dieser Mann und wer ist es, der ihn steuert?

„Unsere Stadt wurde angegriffen, sie wird gestürmt, wir haben schon Verluste.“ Wjatscheslaw Ponomarjow, sonst in Zivil, trägt jetzt Tarnuniform und Panzerweste, macht ein finsteres Gesicht. Frauen, Kinder und Pensionäre sollten ihre Wohnungen nicht verlassen, Männer mit Schusswaffen aber seien eine große Hilfe, verkündet er. „Nun, ich denke, wir werden unsere Stadt halten.“ Sein unrasiertes Gesicht entspannt sich. Er sagt noch: „Danke für die Hilfe, danke für die Aufmerksamkeit“, dann hebt er die Faust, lächelt und entblößt die gold überkronten Eckzähne. „Wir werden siegen.“

Wjatscheslaw Ponomarjow, selbst ernannter „Volksbürgermeister“ des ost-ukrainische Slawjansk, sieht zufrieden aus.

Am Freitag ist in der Ostukraine – wieder einmal – der Bürgerkrieg ausgebrochen. Im Morgengrauen griffen Regierungsstreitkräfte die Separatistenhochburg Slawjansk an, Schießereien waren zu hören, die prorussischen Kämpfer, die sich in der Stadt verschanzt haben, meldeten drei abgeschossene Armeehubschrauber, es gibt Videos von den Trümmern zumindest eines Helikopters. Das Innenministerium bestätigte zwei verlorene Hubschrauber, zwei Gefallene, vier gefangene Rebellen, die beklagten ihrerseits einen Toten.

Russische Marionette

Berichte ukrainischer Nachrichtenagenturen, die Hälfte der Stadt sei von Regierungstruppen erobert, die Separatisten liefen in Panik auseinander, bestätigten sich nicht. „In der Stadt ist es ruhig“, sagt der prorussische Slawjansker Geschäftsmann Artjom Schoga. „Wir halten die Straßensperren, die Zivilbevölkerung hat sich als lebendiges Schutzschild davor gestellt.“ Ein Video auf Youtube zeigt, wie Frauen und Männer auf einer Straße bei Slawjansk versuchen, ukrainische Panzer zu stoppen.

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Offenbar haben die Leute nicht auf den Aufruf ihres „Volksbürgermeisters“ gehört, zu Hause zu bleiben. Trotzdem gilt Wjatscheslaw Ponomarjow als Schlüsselfigur der Ereignisse in der Ukraine – der selbst ernannte Führer der pro-russischen Rebellion, die der Kreml nach Ansicht einiger Beobachter nicht mehr unter Kontrolle hat. „Irgendein Ponomarjow, der in der Lage ist, die Großen wie Obama und Putin, Kerry und Lawrow aufeinanderzuhetzen und die Weltordnung durch Weltunordnung zu ersetzen“, schreibt die Moskauer Zeitung Wedomosti.

Einfacher Mann mit Vorliebe für deftige Sprüche

Der Volksbürgermeister tritt mit Vorliebe in schwarzer Baseballmütze und Kapuzenpulli auf. Ein einfacher Mann mit himmelblauen Augen und einer Vorliebe für deftige Sprüche. „Die Bürgermeisterin hat sich verpisst“, erklärte er, als er sich vor drei Wochen vor der besetzten Polizeihauptwache als neues Stadtoberhaupt präsentierte.

Ponomarjows Biografie ist nebulös, angeblich war er Chef einer Slawjansker Seifenfabrik, davor arbeitete er nach eigenen Angaben als Bauunternehmer in Kiew. Ukrainische Medien behaupten, er habe in Russland gelebt, sei dort 2009 als Krimineller zur Fahndung ausgeschrieben gewesen. Nach anderen Angaben kämpfte er in Afghanistan, Ponomarjow selbst beteuert, er sei nie im Krieg gewesen.

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Er präsentiert mit Vergnügen Geiseln

Er grinst ständig, präsentiert mit Vergnügen Geiseln, wie die sieben OSZE-Militärbeobachter, die noch immer auf ihre Freilassung warten. „Wir brauchen Gefangene, wir brauchen Wechselgeld“, sagte er einem Reporter. Die pro-ukrainischen Slawjansker würden alle im Affenkäfig landen, er klappere die Bankiers mit „der Knarre“ ab, um Geld für die Rebellen aufzutreiben.

Es klingt, als spiele Ponomarjow absichtlich den Bösen. Vielleicht, um die Aufmerksamkeit der Reporter von den Militärs mit russischem Akzent abzulenken, die in Slawjansk aktiv sind. Laut dem ukrainischen Sicherheitsdienst sind es Offiziere des russischen Militärgeheimdienstes, die die wirkliche Befehlsgewalt ausüben. Tatsächlich wirkt Ponomarjow wie ein Provinzmime, der endlich seinen großen Auftritt hat und genießt. Eine Marionette, kein Puppenspieler.