Rio de Janeiro. . Am 12. Juni beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien und in den Favelas schlägt die Unzufriedenheit in Gewalt um. Heftige Unruhen, massiver Polizeieinsatz, Verletzte und sogar Tote - diese Bilder gehen um die Welt und lassen Schlimmes für die WM befürchten.
Douglas Rafael da Silva Pereira war wohl nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Das sagt seine Familie. Er sei Tänzer und kein Drogendealer gewesen. In Augen der Polizei war der 25-Jährige aber offenbar ein Krimineller. Sicher ist nur, dass Silva Pereira am Dienstag in einer Polizeiwache im Armenviertel Pavão-Pavãozinho von Rio de Janeiro tot aufgefunden wurde. Ohne Schusswunden, aber mit deutlichen Folterspuren.
Der ungeklärte Tod genügte, um Unruhen in der Favela der brasilianischen Metropole auszulösen, die gerade einmal zwei Straßenzüge von der Copacabana entfernt liegt, dem weltberühmten Strand Rios. Hunderte Anwohner errichteten in Pavão-Pavãozinho Barrikaden und zündeten sie an. Die Militärpolizei griff ein, selbstgebastelte Sprengsätze flogen, schnell dehnten sich die Proteste auch auf die angrenzenden Straßen außerhalb des Armenviertels aus. Geschäfte schlossen, Hotelpersonal forderte die Gäste auf, nicht auf die Straße zu gehen. Mindestens ein weiterer Mensch kam ums Leben.
Regierung bekommt die Gewalt nicht in den Griff
Für den Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft, die am 12. Juni beginnt, könnte es kaum schlimmere Nachrichten geben. Nach Monaten relativer Ruhe flammen die Unruhen und die Proteste gegen das Sportspektakel und die Polizeieinsätze im Vorfeld der WM in mehreren Städten wieder auf. Und die Regierung bekommt die Sicherheitslage nicht in den Griff.
Kurz vor Ostern kam es in Salvador da Bahia, Spielort der deutschen Nationalmannschaft, während eines Polizeistreiks zu schweren Ausschreitungen mit zwei Dutzend Toten. Die Beamten hatten ihre Arbeit niedergelegt, weil sie eine bessere Bezahlung forderten. Der Ausstand hatte umgehend zu erhöhter Kriminalität und einem Anstieg der Mordrate in der Millionenstadt geführt. Rio de Janeiro und Salvador da Bahia sind die beiden Städte, in denen die Mehrzahl der rund 300 000 erwarteten WM-Touristen Quartier beziehen wird.
Tausende Sicherheitsleute sollen Ruhe garantieren
Um Ausschreitungen während des Turniers zu unterbinden, hat die Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff ein Sicherheitsprogramm aufgelegt, wie es noch keines bei einer WM zuvor gab. 180 000 Sicherheitskräfte sollen an den zwölf Austragungsorten die Ruhe garantieren. Neben Rio und Salvador gilt vor allem Belo Horizonte als Zentrum möglicher Gewalt. Dort bezieht das argentinische Team Quartier, es werden Zehntausende Anhänger aus dem Nachbarland erwartet, darunter gewaltbereite Fans der so genannten „Barras Bravas“.
Das Sicherheitsprogramm kostet 260 Millionen Euro und ist wie alles rund um diese WM der Superlative unfasslich teuer. Die Proteste gegen die WM, die vor einem Jahr begannen, entzünden sich an der Gigantomanie und den explodierten Ausgaben. Die geplanten Kosten von 800 Millionen Euro werden sich mehr als verdreifachen und liegen nun bei über 2,7 Milliarden Euro. Das ist mehr als Deutschland 2006 und Südafrika 2010 zusammen ausgaben.
Übertriebene Polizeieinsätze
Die oft übertriebenen Polizeieinsätze schaffen Ärger. Die Sonderpolizei UPP geht seit Jahren gegen Drogengangs in den Favelas vor. Die Sicherheitskräfte in Rio haben in der Bevölkerung einen schlechten Ruf. Sie gelten als gewalttätig und korrupt und sollen oft selbst in den Drogenhandel verstrickt sein.
Ob Beamte auch das Leben von Douglas Rafael da Silva Pereira auf dem Gewissen haben, wird sich vermutlich nie klären lassen. Er war eine kleine Berühmtheit, weil er in einer TV-Show tanzte und in einem Film über das Leben in den Armenvierteln mitspielte. Darin nahm er tragischerweise seinen eigenen Tod vorweg. Douglas Rafael da Silva Pereira, genannt DG, wird in dem Streifen am Ende von Polizisten in einer Gasse in den Kopf geschossen.
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