Ljubljana. Die Regierungskoalition im angeschlagenen Euroland Slowenien wackelt. Jetzt soll eine Vertrauensabstimmung im Parlament alle politischen Schwierigkeiten lösen. Doch das ist mit vielen Risiken behaftet. Sloweniens Wirtschaft ist durch die Bankenkrise bereits beschädigt.
Monatelang hatte die slowenische Regierungschefin Alenka Bratusek mit einem Interview-Marathon in westlichen Medien Optimismus verbreitet. Das angeschlagene Euroland sei dank der zupackenden Notmaßnahmen ihrer Regierung über den Berg. Doch jetzt ist alles ganz anders.
Nach politischen Querelen "ist die Einheit der Koalition schwer erschüttert", analysierte die Nachrichtenagentur STA vor wenigen Tagen in Ljubljana. Bratusek selbst sieht ihre Position in der eigenen PS-Partei bedroht. Sie will mit einem Sonderparteitag und einer Vertrauensabstimmung im Parlament den Gordischen Knoten durchschlagen, kündigte sie an.
Das Verfassungsgericht hatte die Immobiliensteuer als zentralen Teil des Sanierungskonzeptes gekippt. Sie verstoße in mehreren Punkten gegen die Verfassung, lautete die Begründung. Zwar hatte die Koalition am Sonntag statt der erwarteten 200 Millionen Euro aus dieser Steuer andere Finanzquellen aufgetan.
Doch müssen höhere Tabak- und Alkoholsteuern sowie Einsparungen im öffentlichen Sektor erst noch auf den Weg gebracht werden. Ob und in welchem Maße sie dann noch im laufenden Jahr greifen können, ist offen.
Banken bringen Slowenien in Strudeln
Politische Instabilität kann der kleine Alpen- und Adriastaat mit zwei Millionen Einwohnern nicht brauchen. Die in der vergangenen Woche vom Statistikamt vorgelegten Budgetzahlen waren auf den ersten Blick alarmierend. Danach hat das Defizit im letzten Jahr mit knapp 5,2 Milliarden Euro 14,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betragen. Hervorgerufen wurde das sprunghaft angestiegene Minus durch die Rettung des schwer gebeutelten staatlichen Bankensektors.
Ohne diese von Brüssel abgesegneten Sonderzahlungen betrug das Defizit 1,5 Milliarden Euro oder 4,4 Prozent des BIP - immer noch deutlich über der erlaubten Marke von maximal 3 Prozent. Die staatlichen Schulden stiegen im letzten Jahr um sechs Milliarden auf jetzt gut 25 Milliarden Euro.
Das entspricht 71,7 BIP-Prozenten. Auch hier wird die eigentlich maximal erlaubte Marke von 60 Prozent überschritten. Slowenien benötigt eine starke Regierung, um die negativen Wirtschaftstrends umzukehren. Das soll vor allem mit der Privatisierung des überdimensionierten Staatssektors gelingen.
Innenminister übersteht Misstrauensvotum
Innenminister Gregor Virant, mit seiner Bürgerliste (DL) wichtigster Koalitionspartner Bratuseks, überstand am vorigen Freitag im Parlament ein Misstrauensvotum wegen günstiger Privatflüge mit der staatlichen Fluggesellschaft. Doch die PS von Bratusek boykottierte die Abstimmung. Virant ließ offen, wie er auf "diese ungewöhnliche Botschaft" reagieren wird.
Noch größeren Ärger hat die Regierungschefin in ihrer eigenen Partei "Positives Slowenien" (PS). Der Parteigründer und Bürgermeister der Hauptstadt Ljubljana, Zoran Jankovic, der ihr vor einem Jahr wegen Korruptionsvorwürfen kommissarisch den Parteivorsitz überlassen hatte, will nach Medienberichten wieder zurück auf Platz eins. Er habe bereits mit PS-Abgeordneten mit diesem Ziel Kontakte aufgenommen, hieß es weiter.
Die 44-Jährige, die aus dem politischen Nichts an die Partei- und Regierungsspitze katapultiert worden war, will kämpfen. Sie plant noch vor den Europawahlen Ende Mai einen außerordentlichen Parteitag. Dort soll ihr einstiger Förderer und heutiger Widersacher Jankovic ausgebootet werden.
Die größte Zeitung "Delo" begrüßte die Klärung. Doch könne Bratuseks Versuch, klare Verhältnisse zu schaffen, schnell außer Kontrolle geraten. Auch "Vecer" in der Stadt Maribor sieht ein "Alles-oder-nichts-Risiko". (dpa)