Cottbus/Berlin. Jedes Jahr werden in der Bundesrepublik rund 50 Millionen Eintagsküken direkt nach dem Schlüpfen getötet. Die Tiere werden geschreddert oder vergast. In NRW ist diese umstrittene Praxis inzwischen verboten worden. Möglicherweise wird die Politik die Massentötungen auch in anderen Ländern stoppen.
Nordrhein-Westfalen will die Tötung sogenannter Eintagesküken bei der Eierproduktion stoppen. NRW-Agrarminister Johannes Remmel forderte bei einem Treffen mit seinen Kollegen in Cottbus ein bundesweites Verbot: "Tiere sind Lebewesen und keine Abfallprodukte landwirtschaftlicher Produktionsprozesse." Die Eierproduzenten fürchten, damit die wirtschaftliche Existenzgrundlage zu verlieren.
Bei der Zucht von Legehennen werden männliche Tiere unmittelbar nach dem Schlüpfen getötet. Die Mast dieser Tiere ist unrentabel, da die Rasse auf das Eierlegen optimiert ist und vergleichsweise wenig Fleisch ansetzt. Pro Jahr werden deswegen 50 Millionen Küken getötet.
Geflügelwirtschaft sorgt sich um die Branche
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Der Chef der niedersächsischen Geflügelwirtschaft, Friedrich-Otto Ripke, warnte: "Ein Tötungsverbot würde die ganze Branche gefährden und mittelfristig zwangsläufig zum Import ausländischer Eier und Verarbeitungsprodukte führen."
Das Zentrum der deutschen Eiererzeugung liegt in Niedersachsen. Über ein Drittel der über 40 Millionen Legehennen in Deutschland werden dort gehalten. Im vergangenen Jahr legten sie bundesweit über 13 Milliarden Eier.
Nordrhein-Westfalen verbot im vergangenen September Brütereien das Töten der Eintagesküken. Das Agrarministerium räumte den Produzenten eine einjährige Übergangsfrist ein. Derzeit klagen elf von zwölf großen Eiererzeugern gegen das Verbot, das NRW auf den gesamten Bund ausweiten will.
Branchenvertreter Ripke forderte, auf ein Verbot zu verzichten, bis Alternativen gefunden sind. Dies könnte ein "Zweitnutzungs-Huhn" sein, dass sowohl für die Eier- als auch für die Fleischproduktion eingesetzt werden kann. Die Universität Leipzig forsche zudem an der Geschlechtsbestimmung bereits im Ei. Die frühembryonale Identifizierung funktioniere, könne aber noch nicht im industriellen Maßstab angewandt werden.
Auch das Schnäbelkürzen bei Hennen ist Thema
Bei der Konferenz in Cottbus beraten die Ressortchefs über etwa 40 Tagesordnungspunkte. Der Vorsitzende, Brandenburgs Ressortchef Jörg Vogelsänger (SPD), sagte, Landwirte benötigten etwa verlässliche Rahmenbedingungen, etwa auch für Investitionen in Biogasanlagen. Gesprochen werden solle bei der Tagung mit Bundesminister Christian Schmidt (CSU) zudem über Tierschutzfragen wie einen Verzicht aufs Schnäbelkürzen bei Hennen.
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Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt unterstützt die Forderung Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens nach einem bundesweiten Verbot der umstrittenen Massentötung von Küken. "Das Töten von männlichen Eintagsküken ist eine auf Dauer nicht hinnehmbare Praxis", sagte der CSU-Politiker der "Passauer Neuen Presse".
Er habe veranlasst, "die ermutigenden Forschungen" in diesem Bereich weiter zu intensivieren, um diese Praxis in Zukunft zu stoppen. "Wir wollen schnellstmöglich Ergebnisse vorlegen. Das Tierwohl ist mir eine Verpflichtung", sagte Schmidt. (dpa)