Dortmund. Die Gewerkschaft der Polizei schlägt Alarm: In der Gesellschaft setze sich zuhnemend “das Recht des Stärkeren“ durch. Das Klima werde immer rauer. Zudem prangert Gewerkschaftschef Plickert den Sparkurs der Landesregierung an. Bis 2025 drohe der Polizei ein Verlust von 3700 Stellen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt davor, dass sich in der Gesellschaft „das Recht des Stärkeren“ durchsetzt. „Wenn immer mehr Gruppen selbst zu bestimmen versuchen, was für sie Recht und Gesetz ist, dann ist das ein gesellschaftliches Problem, das man nicht kleinreden darf“, sagte Arnold Plickert, Chef der GdP in Nordrhein-Westfalen, in seiner Rede vor dem Landesdelegiertentag, der am Dienstag in der Dortmunder Westfalenhalle begann.

Plickert stellte fest: „Das Klima wird rauer. Werteverfall, steigende Brutalität und eine sinkende Hemmschwelle gehören zu unserem Alltagsgeschäft“.

Als Beispiel nannte er die steigende Zahl der Angriffe auf Polizisten. Ein Viertel dieser Angriffe habe sogar einen staatsfeindlichen Hintergrund, und es käme zu schweren Straftaten wie gefährliche Körperverletzungen.

Gewerkschaft fordert härtere Strafen für Attacken auf Polizisten

Leider, so Plickert, gelte gerade hier: „Das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen in die Unterstützung durch den eigenen Dienstherrn, durch Staatsanwaltschaft und Justiz ist auf einem Tiefpunkt“. Nur 57 Prozent seiner Kollegen hätten nach einem Angriff einen Strafantrag gestellt – denn viele würden davon ausgehen, dass die Verfahren ohnehin eingestellt würden. „Deshalb bleibt es für die GdP dabei: Wir brauchen einen Paragraphen 115 im Strafgesetzbuch“. Der soll Attacken auf Polizisten härter ahnden.

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Was das Verhältnis zur rot-grünen Landesregierung betrifft: Hier fällt die Bilanz der letzten Jahre für die 37 000 GdP-Mitglieder in NRW gemischt aus. Positiv: Das Land habe die Einstellungszahlen auf 1400 erhöht, „nach dem Schimmelschnitzelskandal konnten wir zudem deutliche Qualitätsverbesserungen in der Einsatzverpflegung durchsetzen“, sagte Plickert.

Polizei als "Sparschwein der Landesregierung"

Andererseits: Eine Politik, „die Fußkranke möglichst geräuschlos aussortiert“, werde die Gewerkschaft nicht mitmachen. Und dass die Polizei „zum Sparschwein der Landesregierung wird“, auch nicht: Der Satz zielt gegen die Entscheidung der Düsseldorfer Koalition, die beschlossenen Tariferhöhungen nicht oder nur eingeschränkt auf die Beamten zu übertragen.

Plickert, der am Nachmittag von 96,8 Prozent der GdP-Delegierten für weitere vier Jahre als Landeschef wiedergewählt wurde, rechnet bis zum Jahr 2025 mit dem Verlust von 3700 Stellen im Polizeidienst. Ursache seien der Abbau von 1900 Stellen seit dem Jahr 2000 und eine bevorstehende Pensionierungswelle. Durch den Stellenabbau spare der Landeshaushalt jährlich 95 Millionen Euro. Obwohl 2014 erstmals die Zahl der Polizeianwärter auf 1500 steige, werde das Problem der angespannten Personalsituation auf Jahre hinaus nicht gelöst.

Am Mittwoch erhält NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Chance, die Kritik Plickerts zu parieren. Dann kommt der „Dienstherr“ nach Dortmund. Dort wird er auch über die Gewaltstudie diskutieren können, die unter anderem durch die Bochumer Polizeikommissarin Tanja Kambouri mit ihren Erzählungen über den Schicht- und Wechseldienst angestoßen worden war. (mit dpa)