Düsseldorf. . CDU-Bezirkschef Oliver Wittke rückt von seiner Forderung nach einer Pilotanlage für die Schiefergasgewinnung ab. Doch die SPD treibt die Debatte voran. Probebohrungen oder gar eine Förderung hat die Landesregierung jedoch vorerst per Erlass verboten.
Die neu entflammte Debatte über die umstrittene Fracking-Technologie heizt den Kommunalwahlkampf in NRW an. Vor allem die CDU kostet es Mühe, sich vom Gelsenkirchener CDU-Bundestagsabgeordneten und Partei–Bezirkschef Oliver Wittke zu distanzieren.
Dieser hatte sich Mitte der Woche überraschend für eine Pilotanlage zur Förderung des vor allem im Münsterland vermuteten Schiefergases ausgesprochen und damit eine Idee von EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) aufgegriffen. Die NRW-CDU lehnte bis dahin Fracking eigentlich ab.
Wittke wollte seine Aussagen am Donnerstag nur noch als Beitrag zu einer grundsätzlichen Technologie- und Forschungsoffenheit bei strikter Einhaltung des Grundwasser- und Umweltschutzes verstanden wissen. Dies sei auch immer Position der CDU gewesen, sagte er.
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Der Halterner CDU-Landtagsabgeordnete Josef Hovenjürgen, Wortführer der Fracking-Gegner, stellte sicherheitshalber noch einmal klar: Die derzeitige Technologie der Schiefergas-Gewinnung, bei der Chemie-Cocktails in tiefe Gesteinsschichten gepresst werden, sei nach Beschlusslage der Union in NRW ausgeschlossen.
Für SPD gilt „Nein“ von Hannelore Kraft
Die NRW-SPD steigt dennoch mit voller Kraft in die Debatte ein. Schließlich gibt es in weiten Teilen der Bevölkerung trotz der Krim-Krise große Vorbehalte gegen die Gas-Förderung vor der eigenen Haustür. Landtagsfraktions-Vize Rainer Schmeltzer forderte CDU-Landeschef Armin Laschet auf, die Haltung seiner Partei zu klären: „Die CDU führt hier eine Diskussion gegen die Interessen der Bürger. Die Risiken des Fracking-Verfahrens sind groß und überhaupt noch nicht erforscht.“
Für die SPD gelte das Nein zur Aufsuchung unkonventioneller Erdgas-Lagerstätten, das Ministerpräsidentin Hannelore Kraft formuliert hat, so Schmeltzer. Düsseldorfs SPD-Oberbürgermeister-Kandidat Thomas Geisel soll sich aber ebenfalls für einen Fracking-Versuchsbetrieb ausgesprochen haben. Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) betonte, dass in einem „Dialogprozess mit allen Beteiligten“ offene Fragen geklärt werden müssten, bevor eine Entscheidung über ein Referenzprojekt getroffen werden könne.
So funktioniert Fracking
Der Name Fracking leitet sich vom englischen Wort „to fracture“ (=aufbrechen) ab. Bei diesem Verfahren wird Schiefergas aus Gesteinsporen in 1000 und mehr Metern Tiefe gelöst. Dazu wird unter hohem Druck ein Mix aus Wasser, Chemikalien und Sand in den Boden gepumpt, wo er das Gestein aufbricht. Das Gas kann dann entweichen.
Kritiker bescheinigen Fracking eine verheerende Ökobilanz. Sie fürchten vor allem fatale Folgen für das Grundwasser. Der Rohstoff-Industrie zufolge ist das Verfahren sicher. In den USA wird Fracking seit zehn Jahren intensiv eingesetzt.
Evangelische Kirche rät ab
Der Bundesverband der Bürgerinitiativen wertet die Wiederbelebung der Fracking-Debatte als Versuch der Gaskonzerne, „Profit aus der Krim-Krise zu schlagen“. Auch die evangelischen Kirchen in NRW machten am Mittwoch ihre Ablehnung von Schiefergas-Bohrungen deutlich: Es gebe „gravierende Wissenslücken“, der Trinkwasserschutz müsse absolute Priorität haben.
Allein in NRW soll so viel Schiefergas schlummern, dass damit ganz Deutschland 20 Jahre lang versorgt werden könnte. Energiekonzerne haben sich 21 potenzielle Abbaugebiete gesichert. Probebohrungen oder gar eine Förderung hat die Landesregierung jedoch vorerst per Erlass verboten.