Moskau. . Nach der Eingliederung der Krim ins russische Staatsgebiet wollen die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel eine gemeinsame europäische Antwort geben. Derweil sorgt die Auswahl der Polit- und Wirtschaftsgrößen, deren Visa ungültig sind, in Russland für sarkastische Bemerkungen.

Russlands politische Elite amüsiert sich über die Visa- und ­Finanzsanktionen des Westens. Nicht ohne Stolz habe er sich in der „Schwarzen Liste“ der EU ­wiedergefunden, witzelt Sergei ­Mironow, Fraktionschef der Partei „Gerechtes Russland“. Sein Kol­lege Sergei Scheljesnak, Vizesprecher des russischen Parlaments, spricht von einer „großen Ehre“; die Sanktionen des Westens seien „Kindergartenstrafen“.

Während das russische Verfassungsgericht die Annexion der Krim im Eiltempo billigt, drohen Washington und Brüssel mit neuen Strafmaßnahmen. Sie wollen gegen weitere russische und ukrainische Entscheidungsträger Einreisebeschränkungen und Kontosperren erlassen, erwägen auch Wirtschaftsmaßnahmen gegen Moskau. Aber nicht nur die betroffenen Funktionäre aus Wladimir Putins Reich reagieren mit Spott.

21 Namen auf der Liste

Der im Hausarrest sitzende Oppositionspolitiker Alexei Nawalny nennt die Sanktionslisten des ­Westens lächerlich: „Damit hat Obama unsere Gauner nur er­heitert.“ Und der Moskauer Politologe Juri Korgonjuk sagt: „Bisher kann von Sanktionen noch gar nicht die Rede sein.“

Insgesamt 21 Namen stehen auf der Liste der Europäischen Union: Darunter sind Parlaments-Abgeordnete wie Leonid Sluzki, die Kommandeure der russischen ­Süd- und Westmilitärkreise Alexei Galkin und Anatoli Sidorow sowie der Befehlshaber der Schwarzmeerflotte, Alexander Witko. Senatoren der Russischen Föderationen sind ebenso darunter wie die separa­tistischen Machthaber der Krim: Premier Sergei Aksjonow, sein Vize Rustam Temirgalijew, Parlamentssprecher Wladimir Konstantinow oder der Sewastopoler Bürgermeister Alexei Tschali.

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Ängstliche Auswahl namhafter Russen

Vor allem die Strafen gegen das Krim-Quartett erscheinen nur ­logisch angesichts des Eifers, mit dem Aksjonow und Co. alle parlamentarischen Spielregeln sowie die Verfassungen der Krim und der Ukraine mit Füßen traten. ­Dagegen wirkt die Auswahl der russischen Vertreter eher ängstlich.

Immerhin setzten die USA auch Dmitri Rogosin auf ihre Strafliste, den Vizepremier für Rüstungs- und Verteidigungsfragen und einen der gewichtigsten politischen Scharfmacher des Kremls. Doch Rogosin gehört nicht zu Putins engstem Kreis. Erst recht nicht Valentina Matwijenko, als Föderationsratsvorsitzende, eine Repräsentantin ohne wirkliche Macht. Wladislaw Surkow, offiziell Putins Berater für Abchasien und Südossetien, gilt insgeheim als politischer Früh­rentner. Auch Putins Wirtschaftsberater Sergei Glasjew ist im Kreml nur Außenseiter. Namen von ­Leuten, die laut dem Politologen Korgonjuks „nicht einmal Putins Lakaien sind, sondern sein politisches Kleingeflügel“.

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Gut fürs Ansehen

Einige werden ihre ungültig ­gestempelten USA- und EU-Visa ­allerdings mehr schmerzen, als sie jetzt zugeben. Etwa Parlaments- ­Vize Scheljesnak, dessen drei Töchter in der Schweiz und England leben. „Aber dafür steigt ihr Image auf dem vaterländischen Politikmarkt enorm“, glaubt der Wirtschaftsexperte Andrei Susdalzow. „Um zu wirken, müssten die westlichen Sanktionslisten viel umfassender sein“, kritisiert ­Korgonjuk. „Und sie müsste Putins unmittelbare Umgebung treffen.“

Aber kaum ein Russe traut den USA oder gar Europa zu, dass sie sich an wirkliche Putin-Spezis ­herantrauen. An den mächtigen Gasprom-Boss Alexei Miller oder Igor Setschin, den Chef des staat­lichen Ölkonzerns Rosneft, von Sergei Schoigu, dem Verteidigungsminister, Premier Dmitri Medwedew oder Präsident Putin selbst ganz zu schweigen.