Düsseldorf. Herber Rückschlag für Ex-Bundesbildungsministerin Annette Schavan: Gut ein Jahr nach der Aberkennung des Doktorgrades wies das Verwaltungsgericht Düsseldorf ihre Klage gegen die Universität Düsseldorf zurück. Die Entscheidung, Schavan wegen Plagiaten den Titel zu entziehen, sei rechtmäßig.

Annette Schavan wollte juristisch um ihre Ehre kämpfen. Um ihren Doktortitel. Um „den Kern von dem, was mir wichtig ist“, wie die gefallene Bundesbildungsministerin einmal sagte. Als die Vorsitzende Richterin Simone Feuerstein am Donnerstag um 15.15 Uhr den holzgetäfelten Saal 240 des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zur Urteilsverkündung im Verfahren „Prof. Dr. hc. mult. Schavan gegen Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf“ betritt, fällt diese Absicht in sich zusammen.

Das Gericht weist die Klage Schavans ab und bestätigt damit die Entscheidung der Uni vom 5. Februar 2013, der CDU-Politikerin nach mehr als 30 Jahren den Doktortitel wegen systematischer Täuschung abzuerkennen.

Die zurückhaltende Richterin Feuerstein hebt bei ihrer Urteilsbegründung an zu einem Vortrag von schneidender Sachlichkeit. Schavan kann fast von Glück sagen, dass sie es vorgezogen hatte, nicht vor Gericht zu erscheinen. Ihr gut bezahlter Anwalt Christian-Dietrich Bracher muss die Ausführung ertragen.

60 Täuschungsbefunde

Schavan habe 1980 bei ihrer Dissertation „Person und Gewissen“ im Fach Erziehungswissenschaften „darüber getäuscht, dass es sich um eine in jeder Hinsicht eigenständige Leistung handelte“, führt die Richterin aus. Bei der Fülle von 60 Täuschungsbefunden in ihrer Doktorarbeit könne „von einem Versehen nicht ausgegangen werden“.

Schavans Gegenspieler im Gerichtssaal: die Vertreter der Düsseldorfer Universität - Stefan Rohrbacher, Klaus Ferdinand Gaerditz, Bruno Blechmann (v.li.).
Schavans Gegenspieler im Gerichtssaal: die Vertreter der Düsseldorfer Universität - Stefan Rohrbacher, Klaus Ferdinand Gaerditz, Bruno Blechmann (v.li.). © Kai Kitschenberg/WAZFotoPool

Auch für die 24-jährige Düsseldorfer Studentin Schavan hätten „die Regeln der wissenschaftlichen Redlichkeit“ gelten müssen. Eine Verjährung kenne das Hochschulrecht nicht, da jede Doktorarbeit „Baustein einer wissenschaftlichen Erkenntniskette“ sei. Kurzum: „Angesichts der Schwere des Vorwurfs bestand keine Veranlassung, über Milde nachzudenken“, so die Richterin.

Während der Urteilsbegründung nickt Stefan Rohrbacher immer wieder beifällig. Der Judaistik-Professor der Uni Düsseldorf hatte 2012 als Vorsitzender des Promotionsausschusses die im Internet kursierenden Plagiatsvorwürfe gegen Schavan überprüft. Er fertigte einen umstrittenen 75-seitigen Sachstandsbericht mit seiner persönlichen Einschätzung, dass eine „leitende Täuschungsabsicht“ vorliege.

Gutachten und Zeugen lehnt die Richterin ab

Das Gutachten fand den Weg in die Zeitungen, bevor der eigentlich zuständige Fakultätsrat die Angelegenheit bewertet hatte. Auf einen Zweitgutachter aus dem Fach Erziehungswissenschaften wurde verzichtet, auf eine Anhörung von Schavans Doktorvater ebenfalls. Der wissenschaftliche Gesamtwert der Arbeit wurde nicht gesondert gewürdigt.

Auch interessant

Anhaltspunkte für Verfahrensfehler sieht das Gericht dennoch nicht. Beweisanträge von Schavans Anwalt, ein Gutachten zur Zitierweise der 1980er-Jahre einholen zu lassen und den damaligen Doktorvater als Zeugen zu hören, lehnt Richterin Feuerstein ab.

Ernennung zur Vatikan-Botschafterin

Rohrbacher erklärt im Gerichtssaal, dass Schavan einen „besonderen Aufwand“ bei der Verwendung und Verschleierung fremder Texte getrieben habe. Er illustriert das an einem Orginal-Zitat Freuds in der Arbeit, das umkränzt wurde von nachweisloser, „gestückelter Sekundärliteratur“. Der Uni-Anwalt Karl-Ferdinand Gärditz nennt das Werk gar „ein breites Sammelsurium von Übernahmen“.

Sollte Schavan die nächste Instanz anrufen, darf sie ihren Doktortitel noch einige Monate tragen. Wird das Urteil rechtskräftig, steht sie gleich auch ohne Studienabschluss da. Ihre angekündigte Ernennung zur Vatikan-Botschafterin gefährdet das indes nicht. Dafür genügen der Katholikin politische Erfahrung und der Rückhalt von Bundeskanzlerin Angela Merkel.