Straßburg. Das Europäische Parlament in Straßburg hat der sogenannten Troika die Vergrößerung der Armut und eine Verschärfung der Arbeitslosigkeit in den europäischen Krisenländern vorgeworfen. In seinem Bericht kritisierte das Parlament die rigiden Sparmaßnahmen und die Vernachlässigung von Wachstumsimpulsen.

Das Europaparlament hat scharfe Kritik an der Arbeitsweise der sogenannten Troika in den Euro-Krisenländern geübt. Die im Jahr 2010 kurzfristig einberufene Troika - der Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB), des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission - habe einseitig auf Sparmaßnamen gesetzt und Wachstumsimpulse vernachlässigt, erklärte das Europaparlament in einem am Donnerstag angenommenen Bericht.

Zwar habe die Troika geholfen, eine Pleite Griechenlands mit schwerwiegenden Folgen für die gesamte Eurozone zu verhindern, heißt es in dem Bericht, der mit 488 gegen 140 Stimmen verabschiedet wurde. Es gebe jedoch "keine Gewähr dafür, dass dies langfristig vermieden werden kann".

Auch sei einer "Abmilderung der negativen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen" der Sparprogramme in den betroffenen Krisenländern Griechenland, Irland, Portugal und Zypern "zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt" worden. Kürzungen bei den Sozialleistungen und steigende Arbeitslosigkeit hätten die Armut in diesen Ländern weiter vergrößert.

Streit um Legitimität der Troika

Zudem seien die Prognosen der Troika in Bezug auf Wachstum und Arbeitslosigkeit "zu optimistisch" gewesen, rügte das Europaparlament. Erschwert worden sei die Arbeit noch durch unterschiedliche Prioritäten der beteiligten Institutionen: Der IWF habe vor allem auf Lohn- und Rentenkürzungen bestanden, die EU-Kommission auf Haushaltskonsolidierung.

Seit Beginn der Krise habe die Troika die Krisenländer "mit einem Kürzungsfeldzug nach dem anderen überzogen", kritisierte der SPD-Abgeordnete Udo Bullmann. Hinterlassen hätten diese "Attacken mit der Sense nichts als Brachland, sinkendes Wirtschaftswachstum und unaufhaltsam gestiegene Arbeitslosigkeit".

Die Troika habe "keinerlei Legitimität", sie habe vor ihren Entscheidungen weder das Europaparlament noch eine andere "demokratische Institution" konsultiert, betonte einer der Berichterstatter, der französische Sozialist Liem Hoang Ngoc. Sein österreichischer Kollege, der Christdemokrat Othmar Karas, sagte hingegen, die Troika sei als Notlösung notwendig gewesen, um ein Auseinanderbrechen der Eurozone zu vermeiden. "Ohne ihre Aktion wäre die Lage in den Krisenländern heute noch schlimmer."

Abschaffung der Troika gefordert

Die beiden Abgeordneten hatten im Auftrag des Europaparlaments die Arbeit der Troika und deren Auswirkungen untersucht. Dazu besuchten sie auch die betroffenen Länder und sprachen dort mit Politikern sowie Vertretern der Sozialpartner.

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Das Europaparlament sprach sich für eine schrittweise Abschaffung der Troika aus. Ihre Arbeit solle von einem Europäischen Währungsfonds (EWF) übernommen werden. Dieser solle auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts agieren und die Finanzmittel des so genannten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) mit "Personalressourcen" aus der EU-Kommission kombinieren. Der EZB solle eine Beraterfunktion übertragen werden, der IWF solle nur noch "als letztbereiter Kreditgeber" beteiligt werden, wenn dies "unbedingt notwendig" sei.

Der ESM wurde 2012 von den Euro-Ländern geschaffen. Er soll bis Ende dieses Jahres mit 700 Milliarden Euro ausgestattet werden und angeschlagenen Ländern rasch helfen können.

In den betroffenen Ländern machen viele Bürger die von der Troika vorgeschriebenen Kürzungen der Sozialleistungen, Mindestlöhne und Renten für die dramatisch angestiegene Armut verantwortlich. Vor allem in Griechenland mussten deren Vertreter wiederholt von der Polizei vor aufgebrachten Demonstranten geschützt werden. (afp)