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Für Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ist der Krim-Konflikt die schwerste Krise seit dem Fall der Mauer im Jahr 1989. Ein Vergleich, mit dem sich Norbert Röttgen (CDU) schwer tut, „schon weil der Fall der Mauer ein Befreiungserlebnis war“. Fakt ist: Eine bedeutende Macht marschiert in einen Nachbarstaat ein. „Es ist schon länger her, dass wir so etwas in Europa erlebt haben“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses unserer Zeitung. Russlands Präsident Wladimir Putin habe eine neue Situation geschaffen, „die uns herausfordert und auf die wir in Europa auch unvorbereitet waren.“
Frage: Herr Röttgen, nicht die Armee, sondern „örtliche Selbstverteidigungskräfte“ sollen auf der Krim eingegriffen haben. Kommt Putin damit durch?
Norbert Röttgen: Mein Eindruck ist: Putin glaubt das selbst nicht. Er sucht nach irgendeiner Rechtfertigung und ist auf ein Muster verfallen, das in der Geschichte oft verwendet wurde, um in fremde Staaten einzumarschieren.
Hillary Clinton hat Putins Krim-Besetzung mit Hitlers Politik vor dem Zweiten Weltkrieg verglichen. Ist das statthaft?
Vergleiche sind immer schwierig. Auch dieser ist mehr falsch als richtig und nicht hilfreich.
Hat Putin Fakten geschaffen?
Genau darum geht es. Die Ukraine und der Westen können das nicht akzeptieren. Wenn Putin seine Aggression nicht zurücknimmt, muss es Konsequenzen haben.
War es ein Fehler, dass die EU die Ukraine vor die Alternative stellte: Zollunion mit Russland oder ein Assoziierungsabkommen mit uns?
Das Angebot war richtig. Für die Zukunft müssen wir aber klarmachen, dass wir keine Entweder-Oder-Situation, keine Zerreißprobe wollen. Das ist die Lehre, die wir zu ziehen haben.
Putin lehnt eine Kontaktgruppe ab. Worüber noch reden?
Dass man miteinander redet, halte ich für richtig, gerade in einer Krise. Wenn sich nichts bewegt, muss es eine Reaktion geben. Ihr Charakter muss eindeutig sein. Es führt in die Selbstisolierung Putins, politisch wie ökonomisch.
Das trifft ihn?
Das trifft ihn. Er will ein weltpolitischer Akteur sein. Das kann er nicht, wenn er isoliert ist. Und wirtschaftspolitisch ist Russlands Abhängigkeit größer als umgekehrt.
Man spricht von einer deutschen Mittlerrolle als Russlandversteher. Was halten Sie davon?
Ich halte nicht viel von einer deutschen Sonderrolle. Wichtiger ist es, einen Beitrag dafür zu leisten, dass es eine einheitliche, deutliche Antwort des Westens gibt. Wenn wir Putin beeindrucken wollen, dann durch Geschlossenheit.
Die EU hat in der Ukraine ein Abkommen vermittelt. Ziel: Eine Regierung der nationalen Einheit. Dann hat die Maidan-Bewegung Fakten geschaffen. War die Mission ein Fehler?
Die drei EU-Außenminister haben ihr Ziel erreicht, nämlich eine Befriedung der Ukraine. Dass Janukowitsch Reißaus nimmt, war nicht die Geschäftsgrundlage. Es rechtfertigt jetzt aber auch nicht Putins militärisches Eingreifen.
Neonazis sind an der Regierung in Kiew beteiligt, Milizen patrouillieren im Parlament. Für wen ergreifen wir da Partei?
Für die ganz sicher nicht. Darum ist es so wichtig, dass die revolutionäre Phase in eine stabile demokratische Verfassung überführt wird. Wenn wir das unterstützen, kommen Radikale nicht zur Geltung.