Düsseldorf. . Unterrichtsausfall an Schulen ist seit Jahren ein großes Ärgernis. In NRW ist nicht bekannt, wie viele Stunden wirklich unter den Tisch fallen. Die Opposition im Landtag wirft der Regierung Untätigkeit vor. Der Ruf nach mehr Lehrern wird lauter.
Wie der viel kritisierte Unterrichtsausfall an nordrhein-westfälischen Schulen künftig genau gemessen wird und wie man ihn besser vermeidet, bleibt strittig und weiter offen. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) wies am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag Vorwürfe zurück, die rot-grüne Regierung sei untätig und vermeide statistische Erhebungen, um unbequemen Wahrheiten aus dem Weg zu gehen. Rot-Grün habe die Stichproben-Erhebungen der schwarz-gelben Vorgängerregierung bis zum Schuljahr 2009/2010 nur deshalb eingestellt, weil sie ungenau, "unglaubwürdig" und "umstritten" gewesen seien.
Die Ministerin sagte, der Landesrechnungshof (LRH) habe in seinem Bericht von 2011 eine etwa doppelt so hohe Ausfallquote gemessen wie damals die schwarz-gelbe Regierung. Nötig sei eine zuverlässige Erhebung, die die Unterrichtsrealität zeige und die mit vertretbarem Aufwand für Schulen und Schulaufsicht zu stemmen sei. Ein jüngst vorgestelltes Gutachten von Schulforschern habe aber ergeben, dass keine der möglichen Erhebungsvarianten die Kriterien erfüllt, die vor gut einem Jahr einstimmig vom Ausschuss für Haushaltskontrolle vorgegeben worden seien.
Unterrichtsausfall hat laut Forschern keine Auswirkungen auf Lernerfolg
Löhrmann betonte, Schwarz-Gelb habe während der eigenen Regierungszeit den schon älteren LRH-Vorschlag, eine Ausfallstatistik verbindlich für alle Schule einzuführen, zu Recht abgelehnt. Lehrer-Ressourcen sollten in den Unterricht - und nicht in eine neue Daten-Erfassung - gesteckt werden, empfehle auch das Gutachten. Schulforscher der Ruhr-Uni Bochum und der Fachhochschule Nordwestschweiz waren darin auch zu dem Ergebnis gekommen, dass der Aufwand einer aufwendigen Statistik sich nicht lohne. Eine zeitlich beschränkte Abwesenheit von Lehrern habe auf den Lernerfolg der Schüler nur geringe Auswirkungen.
Die CDU-Schulexpertin Petra Vogt betonte hingegen, nur wer genau wisse, wo und in welchem Ausmaß Unterricht ausfalle, könne gezielt gegensteuern und Defizite auffangen. Es fehle ein Frühwarnsystem und ein Überblick über die Ausfälle. Das sei mit ein Grund, warum die Schüler in NRW bei der letzten Bildungsvergleichsstudie unter den Bundesländern so schlecht abgeschnitten hätten.
"Wer Unterrichtsausfall vermeiden will, muss sein Ausmaß kennen"
FDP-Bildungsexpertin Yvonne Gebauer warf der Landesregierung vor, sie lege die Hände in den Schoß. Unterrichtsausfall dürfe keine "Verschluss-Sache" sein. Für die Piratenfraktion betonte die Parlamentarische Geschäftsführerin Monika Pieper, die Menge des Unterrichts und auch des Ausfalls sagten nichts über die Qualität aus. NRW müsse bei den Lehrerzahlen besser werden. Laut SPD ist eine aussagekräftige Erhebung schon allein deshalb schwierig, weil die Definition von Unterrichtsausfall völlig unklar ist.
"Wer Unterrichtsausfall vermeiden will, muss sein Ausmaß kennen - in der einzelnen Schule und landesweit", erklärte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Eine jährliche Stichprobe sei sinnvoll und ausreichend, um auf der Landesebene wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Lehrer leisteten tagtäglich - meistens unbezahlte - Mehrarbeit, um Ausfälle zu vermeiden. "Effektiv lässt sich Unterrichtsausfall an unseren Schulen nur mit ausreichend Personal vermeiden", forderte GEW-Landeschefin Dorothea Schäfer laut Mitteilung.
Löhrmann zufolge will sich die Regierung nicht allein mit Zahlen zufriedengeben, sondern vor allem ausloten, mit welchen qualitativen Maßnahmen der Unterrichtsausfall verhindert werden kann. Sollte die CDU ihr aber weiterhin unterstellen, sie wolle tricksen und verschweigen, könne sie es sich auch leicht machen, rief die Ministerin in einer hitzigen Debatte in Richtung CDU. Dann werde sie eben nach demselben - unzureichenden - Muster stichprobenartig Ausfälle erheben wie damals Schwarz-Gelb. (dpa)