München/Berlin/Hamburg. Der SPD-Vorstand setzt sich offenbar für einen Parteiausschluss des Ex-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy ein. Nach Angaben einer Sprecherin hat es am Montag einen Vorstandsbeschluss gegeben, der das Ruhen aller Mitgliedsrechte Edathys anordnet. Dieser hält sich momentan im Ausland auf.

Der Erwerb umstrittener Bilder hat für den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy nun auch Konsequenzen in seiner Partei. "Es gab heute einen Vorstandsbeschluss: Dabei wurde das Ruhen aller Mitgliedsrechte von Sebastian Edathy angeordnet", sagte eine SPD-Sprecherin am Montag in Berlin.

Laut "Spiegel Online" strebt SPD-Chef Sigmar Gabriel ein Parteiordnungsverfahren an, das in einen Parteiausschluss münden könne. Gabriel sagte, Edathys Handeln passe nicht zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.

Dieser hatte noch am Montag beim niedersächsischen Justizministerium Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Hannover eingelegt. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte den Eingang des Schreibens von Edathys Rechtsanwalt Christian Noll.

Vorwurf: Staatsanwaltschaft habe "bewusst unrichtig" gehandelt

Darin heißt es unter anderem, die Staatsanwaltschaft habe "bewusst unrichtig" über das Verfahren gegen Edathy im Zusammenhang mit Kinderpornografie informiert. So sei nicht erwähnt worden, dass das BKA und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt vor Beginn des Verfahrens in Hannover erklärt hätten, die von Edathy bestellten Bilder seien strafrechtlich nicht relevant.

"Ich war und bin nicht im Besitz kinderpornografischen Materials", sagte Edathy der "Süddeutschen Zeitung". "Ich bin es langsam satt, Unterstellungen begegnen zu müssen." Dies sei das Gegenteil einer Unschuldsvermutung. "Es reicht aber offenkundig, einen Namen mit diesem Stichwort ohne konkreten Vorwurf in die Öffentlichkeit zu bringen, um fahrlässig eine Existenz zu vernichten." Rechtsstaatliche Prinzipien würden mit Füßen getreten.

Edathy sagt: Das Material war legal

Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte am Freitag erklärt, bei den von Edathy erworbenen Fotos und Filmen handele es sich um Material "aus dem Grenzbereich zur Kinderpornografie". Edathy hingegen legt Wert auf die Feststellung, dass es sich um legales Material handele.

Wie der Norddeutsche Rundfunk berichtet, hält sich der 44-jährige derzeit im Ausland auf, weil er Drohungen erhalten haben soll. Bei seinem Verzicht auf das Bundestagsmandat am 7. Februar hatte Edathy gesundheitliche Gründe angegeben: Er leide an Erschöpfungssymptomen.

Die Kritik an der Staatsanwaltschaft hatte am Wochenende noch einmal zugenommen. Die "Süddeutsche Zeitung" warf den Ermittlern schwerwiegendes Fehlverhalten vor. Hinzu kamen Irritationen über den Umgang mit Edathys Dienstzimmer im Bundestag. Der Leitende Oberstaatsanwalt Jörg Fröhlich hatte am Freitag erklärt, die Diensträume von Edathy in Berlin seien versiegelt worden, um mögliche Beweismittel zu sichern. Das wurde jedoch vom Bundestag dementiert.

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Koalitions-Krach: Ausschuss am Dienstag abgesagt

Der Umgang mit dem Fall Edathy scheint die Große Koalition weiterhin schwer zu belasten. Am Wochenende hatte die CSU scharfe Kritik am Koalitionspartner SPD geübt, einige forderten den Rücktritt von Fraktionschef Thomas Oppermann. Am Montag wurde bekannt, dass für Dienstag geplante Treffen des Koalitionsausschusses abgesagt wurde. "Es wird keinen Koalitionsausschuss geben", sagte CSU-Parteichef Horst Seehofer in München. Stattdessen würden sich "die drei Parteivorsitzenden unterhalten". Zwischen ihm, CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel müsse über Fragen der vertraulichen Zusammenarbeit gesprochen werden.

Dem Koalitionsausschuss gehören die Spitzen der Regierungsparteien an, unter anderem auch die Fraktionschefs. Damit hätte auch der in die Kritik geratene Oppermann selbst an der Runde teilgenommen.

Staatsanwaltschaft prüft angeblich Ermittlungen gegen Ziercke wegen Telefonats mit Oppermann  

Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden prüft unterdessen die Einleitung möglicher Ermittlungen gegen den Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke. Dies berichtete "Spiegel Online" am Montag unter Berufung auf den Sprecher der Behörde, Hartmut Ferse. Gegen Ziercke liegt dem Bericht zufolge in Wiesbaden mindestens eine Strafanzeige wegen einer möglichen Verletzung des Dienstgeheimnisses vor.

Hintergrund ist das Telefonat, das Ziercke im Oktober 2013 mit dem SPD-Politiker Thomas Oppermann zum Fall des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy führte.

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Oppermann hatte am Donnerstag erklärt, der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) habe SPD-Chef Sigmar Gabriel im Oktober mitgeteilt, dass der Name Edathys im Zusammenhang mit Ermittlungen im Ausland genannt werde.

Weiter erklärte Oppermann, er habe im Oktober mit Ziercke telefoniert und sich dabei die Informationen über Edathy bestätigen lassen.

Ziercke dementierte Bestätigung der Information

Ziercke widersprach dieser Darstellung. Am Wochenende hatte Oppermann dann der "Bild am Sonntag" gesagt, Ziercke habe ihm "keine Einzelheiten genannt". Der BKA-Chef habe die von ihm vorgetragenen Informationen "nicht kommentiert".

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt nach eigenen Angaben gegen Edathy wegen Vorwürfen "im Grenzbereich" zur Kinderpornografie. Friedrich war im Zusammenhang mit der Affäre Edathy am Freitag als Landwirtschaftsminister zurückgetreten (dpa/afp)