Dresden. . Eine Kampfabstimmung um Platz eins der Wahlliste macht den grünen Europaparteitag spannend. Am Ende siegt die Gorleben-Aktivistin Harms klar gegen die jüngere Herausforderin Keller.
Die Grünen ziehen mit der bewährten Atomkraftgegnerin Rebecca Harms an der Spitze in den Europawahlkampf. Die 57 Jahre alte Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament setzte sich am Samstag in einer Kampfabstimmung klar gegen ihre Herausforderin, die Brandenburger Europa-Abgeordnete Franziska "Ska" Keller (32), durch. Die Gorleben-Aktivistin Harms erhielt auf dem Dresdner Nominierungsparteitag 477 der abgegebenen 733 Stimmen. Für die von der Grünen Jugend gestützte Konkurrentin und Parteilinke Keller votierten 248 Delegierte.
Auf den weiteren Plätzen der Wahlliste sollten der Parteilinke und Europa-Abgeordnete Sven Giegold (44) folgen sowie der frühere Parteichef und jetzige Vorsitzende der Europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer (61). Der nach der Schlappe bei der Bundestagswahl eingeleitete Generationswechsel wird mit Harms' Sieg und Giegold auf Platz zwei teilweise vorangetrieben.
Europawahl ist für die Grünen ein Stimmungstest
Mit Harms setzte sich in dem mit Spannung erwarteten Duell letztlich die Kandidatin durch, die lange als gesetzt galt für den prestigeträchtigen Listenplatz eins. Keller trat erst nach einem Überraschungssieg bei der EU-weiten Online-Abstimmung über die Spitzenkräfte der europäischen Grünen Ende Januar als jugendliche Herausforderin an. Sie erhob daraus den Anspruch, auch Frontfrau der deutschen Grünen bei den Europawahlen zu werden. Bei dem E-Voting per Handy und Internet in allen EU-Staaten landete Harms nur auf Platz drei. Allerdings war die Beteiligung hier sehr gering.
Nach dem Sieg der Realo-Vertreterin Harms in Dresden war vorab klar, dass für Platz zwei der frühere Attac-Mitbegründer und Finanzexperte Giegold kandidiert, für Platz drei Keller und für Listenplatz vier Realo-Mann Bütikofer. So sollte ein ausgewogenes Quartett aus Jung und Alt, Frauen und Männern sowie Vertretern des Realo- und Linken-Flügels aufgestellt werden - ohne weitere Kampfabstimmung. Dieser war Bütikofer zuvor aus dem Weg gegangen. Ihm werden die fehlgeschlagenen Online-Vorwahlen angelastet.
Die Europawahl ist ein erster Stimmungstest für die Grünen nach dem Debakel bei der Bundestagswahl im vergangenen Herbst. Sie wollen grüne Kernthemen wieder in den Vordergrund stellen. Zuvor hatte die fast 750 Kandidaten das Wahlprogramm beschlossen. Bei der Abstimmung über das Europaparlament Ende Mai hofft die Partei wieder auf ein zweistelliges Ergebnis. Bei der Bundestagswahl Ende September landeten die Grünen bei nur 8,4 Prozent, bei der Europawahl 2009 erreichten sie 12,1 Prozent. Das entsprach 14 Parlamentssitzen. Diesmal rechnen die Grünen mit etwa zehn Sitzen. (dpa)