Düsseldorf. . Das Dormagener Modellprojekt für jugendliche Täter wurde nach einem Bordell-Ausflug und einem Trinkgelage gestoppt. Der Landtag hält zwar weiter an seinem Ziel eines erzieherischen Strafvollzugs fest. Aber Dormagen hat die Grenzen aufgezeigt. Und die Bevölkerung hält nicht viel vom Kuschelknast.
Nach dem skandalumwitterten Ende des Modellprojekts „Jugendstrafvollzug in freien Formen“ steht die Erprobung eines liberalen Umgangs mit minderjährigen Intensivtätern in NRW auf der Kippe. Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) werde zunächst keinen neuen Träger für den alternativen Jugendstrafvollzug suchen und die Gesamtkonzeption überdenken, erklärte sein Sprecher am Donnerstag auf Anfrage.
Nach mehreren Fluchten junger Gefangener, einem weihnachtlichen Bordell-Ausflug und dem gemeinsamen Trinkgelage mit einem Diplom-Pädagogen hatte Kutschaty den erst 2012 begonnenen Test für eine Gefängnis-Alternative in der Dormagener Jugendhilfeeinrichtung „Raphaelshaus“ gestoppt. Ein 16-jähriger Intensivtäter, der zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt wurde, ist noch immer auf der Flucht.
Persönlichkeitsbildung statt Gefängnismauern
Das Modellprojekt sollte eigentlich einen stärker pädagogisch angelegten Jugendstrafvollzug in NRW erproben. Statt Gefängnismauern wartete in Dormagen ein straffes, aber offenes Programm aus Sport, Disziplin und Persönlichkeitsbildung. Die im Landtag vertretenen Parteien hatten sich 2010 auf Expertenrat hinter dieses Projekt gestellt. Baden-Württemberg und Brandenburg konnten auf positive Erfahrungen verweisen.
Auch interessant
„Es muss jetzt geklärt werden, ob das Konzept nicht stimmte oder die ausgewählte Jugendhilfe-Einrichtung mit dieser sehr speziellen Klientel überfordert war“, sagte Kutschatys Sprecher. Trotz der Skandale stellt auch die Opposition im Landtag das Prinzip eines erzieherischen Jugendstrafvollzugs nicht infrage: „Wir haben uns damals fraktionsübergreifend auf dieses Ziel geeinigt. Dies darf jetzt nicht zur Disposition gestellt werden“, sagte CDU-Rechtspolitiker Jens Kamieth. Die Landesregierung müsse jedoch eine verantwortbare Umsetzung sicherstellen.
Menschen hielten nie viel vom "Kuschelknast"
In der Öffentlichkeit wurde der „Kuschel-Knast“ mit Erlebnispädagogik und Gesprächskreisen von Beginn an kritisch beäugt. Das Misstrauen wuchs, als von den sechs jugendlichen Straftätern bereits kurz nach Projektstart zwei flüchteten. Diskutiert wird nun, ob sich Elemente eines offenen Jugendstrafvollzugs in den normalen Haftalltag eines Gefängnisses integrieren lassen.