Kiew. Im Bemühen um einen Ausweg aus der Krise in der Ukraine hat sich Präsident Janukowitsch erneut mit der Opposition zu Verhandlungen getroffen. Nach Angaben der Präsidentschaft wurde in mehreren Punkten Einigkeit erzielt. Unterdessen haben Demonstranten die Besetzung des Justizministeriums beendet.
Präsident Viktor Janukowitsch hat sich am Montagabend erneut mit der Opposition zu Verhandlungen getroffen. Zu dem Krisengespräch in Kiew kamen der frühere Boxer Vitali Klitschko, Arsenij Jazenjuk von der Vaterlandspartei sowie Oleg Tjagnibok, der Chef der rechtsextremen Freiheitspartei. Ukraines Außenminister Leonid Koschara sagte, derzeit gebe es keine Pläne, den Notstand auszurufen.
Nach Angaben der Präsidentschaft wurde in mehreren Punkten Einigkeit erzielt. Beide Seiten hätten sich unter anderem darauf verständigt, die neuen umstrittenen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit wieder abzuschaffen, hieß es in einer am Montagabend in Kiew veröffentlichten Erklärung. Außerdem sei eine Amnestie für festgenommene Regierungsgegner vereinbart worden, allerdings unter der Bedingung, dass die von Aktivisten besetzten Regierungsgebäude und die Barrikaden in den Straßen geräumt würden.
EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton reist nach Kiew
Die Oppositionsführer hatten zuvor erklärt, sie seien weiter zu Gesprächen bereit, "trotz des Versuchs der Staatsführung, die Verhandlungen abzubrechen und den Notstand auszurufen". Zugleich warnten sie davor, dass die Stimmung auf der Straße kippen könne. Die Geduld der Demonstranten könne "jeden Moment ihre Grenzen erreichen".
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Für Dienstag war eine außerordentliche Sitzung des Parlaments in Kiew geplant. Dabei sollte über einen Ausweg aus der tiefen politischen Krise in der Ukraine debattiert werden. Für Dienstagabend kündigte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton eine Reise nach Kiew an, mehrere Tage früher als geplant. Ashton wolle am Mittwoch Janukowitsch und die Oppositionsführung treffen, sagte ihre Sprecherin.
Besetzung des Justizministeriums beendet
Aktivisten der Opposition beendeten die Besetzung des Justizministeriums in Kiew, nachdem Ministerin Olana Lukasch mit der Verhängung des Notstands gedroht hatte. Die Demonstranten hätten das Ministerium verlassen, berichtete ein AFP-Korrespondent am Nachmittag. Mehrere dutzend Demonstranten hatten das Ministerium seit Sonntagabend besetzt gehalten. Justizministerin Lukasch forderte daraufhin am Montag, die Blockade müsse "unverzüglich" beendet werden. Außenminister Koschara äußerte sich vor Journalisten zu der drohenden Verhängung des Notstands: Diese Maßnahme liege "heute nicht auf dem Tisch".
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin sagte zu der geplanten Sondersitzung am Dienstag, Minister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erwarte, dass den Ankündigungen des Präsidenten Taten folgten. Dazu könnten die Freilassung festgenommener Demonstranten und die Rücknahme der Verschärfung des Versammlungsrechts gehören. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte Janukowitsch über seinen Sprecher auf, einen "konstruktiven Dialog" mit der Opposition zu beginnen, um den Konflikt "friedlich und durch Kompromisse" beizulegen.
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Proteste weiten sich aus
Die seit Wochen demonstrierenden Regierungsgegner fordern den Rücktritt Janukowitschs und vorgezogene Neuwahlen. Mehrere Gesprächsrunden zwischen dem Staatschef und der Opposition brachten zunächst keine Annäherung. Am Samstag bot Janukowitsch dann überraschend eine Änderung der Verfassung und eine Machtteilung an: Jazenjuk von der Vaterlandspartei sollte demnach das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen und Klitschko dessen Stellvertreter werden. Der Boxweltmeister sprach allerdings von einem "vergifteten Angebot". "Es führt kein Weg an Janukowitschs Rücktritt vorbei", sagte er der "Bild"-Zeitung vom Montag.
Die Proteste waren Ende November durch die überraschende Entscheidung der Regierung ausgelöst worden, ein über Jahre mit der EU ausgehandeltes Assoziierungsabkommen nicht zu unterzeichnen und sich stattdessen stärker Russland zuzuwenden. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen wurden in den vergangenen Tagen mehrere Menschen getötet. Die Proteste weiteten sich auch zunehmend auf andere Teile des Landes aus. In zahlreichen Provinzen werden die Regionalverwaltungen inzwischen von Regierungsgegnern blockiert. (afp)