Brüssel. . Reichlich Streitpunkte bei einem außergewöhnlich kurzen Termin: Am Dienstag steht ein Gipfeltreffen zwischen EU und Russland an. Gerade einmal zweieinhalb Stunden soll Wladimir Putin mit Vertretern des Europäischen Rats und der EU-Kommission beraten. Mit Artigkeiten will man sich nicht aufhalten.

Minderheiten-Politik, Bürgerrechte, Handelsbeschränkungen, Syrien, Ukraine, Sotschi - lang ist die Liste der Streitpunkte zwischen der Europäischen Union und Russland. Das Gipfeltreffen am Dienstag ist indes außergewöhnlich kurz: Gerade mal zweieinhalb Stunden soll Präsident Wladimir Putin mit seinen EU-Kollegen Herman Van Rompuy (Europäischer Rat) und José Manuel Barroso (Kommission) in Brüssel beraten. Mit Artigkeiten will man sich nicht aufhalten, sondern einander knapp und kompakt die Meinung sagen.

Offiziell verbindet EU und Russland eine „strategische Partnerschaft“. Die sieht pro Jahr zwei Treffen auf höchster Ebene vor. Das anstehende Treffen hätte eigentlich schon im Dezember stattfinden sollen, war aber direkt nach dem großen Streit um die Ukraine nicht zustande gekommen.

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"Es ist nötig, klare Verhältnisse zu schaffen"

Die Wut der EU-Oberen darüber, dass Putin das unterschriftsreife Abkommen EU-Ukraine torpediert hat, ist nicht verraucht. Von der russischen Lesart, das sei allein eine Entscheidung des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch gewesen, wollen die Brüsseler nichts wissen. Der Verzicht auf das Abkommen sei "ein Resultat des russischen Eingreifens" gewesen, das will man dem Gast ungeschönt vermitteln. Es gehe um "ein offenes Wort - es ist nötig, klare Verhältnisse zu schaffen".

Das umso mehr, als die Europäer auch in den Wirtschaftsbeziehungen mit Moskau nicht einverstanden sind. Vor allem, klagen EU-Diplomaten, habe sich Russland nach seinem Beitritt zur Welthandelsorganisation 2012 zum "Protektionismus-Weltmeister" entwickelt. Moskau lege eine "komplette Missachtung der eingegangenen Verpflichtungen" an den Tag.

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EU-Ausfuhren würden mit ungerechtfertigten Importzöllen belegt. Allein 80 Exportgüter kämen aus angeblich gesundheitlichen Gründen nicht auf den russischen Markt - obwohl kein anderer Staat die Bedenken teile. "Wir sind äußerst enttäuscht über das, was seit dem Beitritt geschehen ist", heißt es.

Putin kontert kühl die Kritik

Putin wird sich kaum abwatschen lassen. Er hat sich mit einem Bericht seines Außenministeriums munitioniert. Danach sitzt die EU, die Putins robusten Umgang mit Menschenrechten bemängelt, im Glashaus: "Eine ständige Zunahme von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, gewalttätigem Nationalismus, Chauvinismus und Neonazitum. All die Worte zum Engagement für menschliche Werte stehen nur auf dem Papier."

Bei der strategischen Partnerschaft soll es aber trotz aller Reibereien bleiben – aus gutem Grund: Russland importierte 2012 für 123 Milliarden Euro Güter aus der EU und verkaufte umgekehrt für 213 Milliarden Waren und Rohstoffe, vor allem Gas und Öl. Damit sind die Russen nach den USA und China drittgrößter Handelspartner und wichtigster Energielieferant der EU.