Berlin. . Mit dem Versuch, den Wechsel aus der Staatskanzlei in den Bahnvorstand heimlich einzustielen, haben sich offenbar weder Bahnchef Grube noch Pofalla einen Gefallen getan. Statt Bewunderung über einen eleganten Karrieresprung wächst in interessierten Kreisen die klammheimliche Schadenfreude.

Eva Högl hat keine Glas­kugel. Aber nach der Debatte der letzten Tage wagt sie eine Prognose über Ronald Pofalla: „Ich glaube, der landet nicht bei der Bahn.“ Wie die SPD-Frau denken viele in Berlin. Die Kritik an der Deutschen Bahn und am Ex-Kanzleramtschef reißt nicht ab. Sein Aufstieg in den Konzernvorstand ist kein Selbstläufer, sondern stößt arg auf Ablehnung. Unter Zugzwang geraten ­viele, Bahn-Chef Rüdiger Grube, aber auch die Große Koalition.

Die SPD fühlt sich bestätigt. Sie hatte schon in den Koalitions­verhandlungen Regeln für solche Wechsel von der Regierung in die Wirtschaft gefordert. Schadens­begrenzung steht obenan.

Grube erwähnt Pofalla mit keinem Wort

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Grube kündigte am Dienstag für Ende März einen Personalvorschlag an. In seiner Erklärung erwähnt er ­Pofalla mit keinem Wort. Auch lässt er offen, ob er den Ex-Minister in den Vorstand holt. Der Aufsichtsrat hat Grube nur gebeten, einen Nachfolger für Georg Brunnhuber vorzuschlagen. Das ist ein Parteifreund Pofallas, der bisher für die Bahn die Kontakte zur ­Politik aufrecht erhält und Grube entlastet. Aber Brunnhuber sitzt eben nicht im Vorstand.

Grube hatte seinen Aufsichtsrat nicht über seine Pläne mit Pofalla informiert, worauf der Chef des Gremiums, Utz-Hellmuth Felcht, pikiert reagierte. Es könnte sein, dass Pofalla zur Bahn geht, dass ihm aber der Aufstieg in den ­Vorstand versagt bleibt. Dann ­würde Felcht sein Gesicht wahren.

Ende November hatte Pofalla Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeweiht, dass er ein Angebot der Bahn hatte. Merkel riet ihm ­damals, eine zeitliche Distanz zu wahren.

Irgendjemand hat über den Deal mit Pofalla geplaudert 

Pofalla ist ein politisches Tier. Er hat lange mit sich gerungen. Auf der einen Seite war ihm in der Koalition ein Aufstieg verwehrt. Merkel hatte ihm nur angeboten, das Kanzleramt weiter zu leiten. Das ist einer der undankbarsten, härtesten Jobs der Regierung. Stress pur. ­Dabei wollte Pofalla eigentlich mehr Zeit für Privates haben.

Ein Familienleben ist aber eher mit dem Bahnjob zu vereinbaren, der zwei weitere Vorzüge hat: Er ist gut dotiert, schätzungsweise 1,4 Millionen Euro, und Pofalla ist mit Grube per Du. Zum guten Geld käme ein Höchstmaß an Handlungsfreiheit.

Der ganze Plan war Chefsache und geheim. Irgendjemand hat ­geplaudert, sei es aus Ahnungs­losigkeit, sei es, um Pofalla zu verhindern. Die Meldung löste einen Riesenwirbel aus und bei den ­vielen Feinden, die sich der Kanzleramtschef gemacht hat, nicht ­zuletzt: klammheimliche Freude.

Der Ruf nach einer „Sperrzeit“ wurde laut. SPD-Fraktionsvize Eva Högl sieht „Handlungsbedarf“ schon in den nächsten drei Monaten. Es ist gut möglich, dass sich die Koalition in den nächsten Tagen auf eine Regelung verständigt. Sie wäre rechtlich nicht bindend für Pofalla. Gleichwohl hätte auch ein Verhaltenskodex einen verbind­lichen Charakter. Schwer vorstellbar, dass Pofalla oder Grube oder sogar der Bahn-Aufsichtsrat ihn ­ignorieren würden.

Seehofer fordert Transparenz

So könnte das Szenario der nächsten Wochen aussehen: Union und SPD helfen der Regierung auf die Sprünge. Die vereinbart spätestens auf ihrer Klausur eine Karenzzeit von etwa einem Jahr. CSU-Chef Horst Seehofer hat die Katze ­bereits aus dem Sack gelassen. Er ist einverstanden mit einem ­Wechsel in die Wirtschaft, wenn er transparent erfolge. Wenn die ­Koalition sich für eine Abstandsfrist entscheide, dann würde er das unterstützen.

Ende März bringt Grube seinen Freund im Aufsichtsrat durch. ­Pofalla legt dann sein Bundestagsmandat nieder. Finanziell hat er Anspruch auf Übergangsgeld. Zum 1. Januar 2015 – spätestens – ist er frei und wechselt zur Bahn. ­Andernfalls wird der Mann auf ein totes Gleis geschoben – und SPD-Frau Högl hat sich in ihrem Gefühl nicht getäuscht.