Berlin. Deutschland steht aktuell wirtschaftlich gut da - mit Rekordbeschäftigung und Etatüberschüssen. Für die neue Bundesregierung gibt es dennoch reichlich Arbeit: Rente, Pflege, Infrastruktur - um nur einige zu nennen. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Großbaustellen.
EUROPA/EURO-ZONE: Die Krise in Europa ist trotz aller Lichtblicke - auch in den Krisenländern - noch nicht überwunden. Das Wachstum ist schwach, die Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern hoch. Die Bankenunion muss vorangetrieben werden. Die Aufsicht über die wichtigsten Banken unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) soll im November 2014 starten. Davor werden die Bilanzen der Banken unter die Lupe genommen und Institute einem Stresstest unterzogen. Dann müssen die Abwicklungsregeln umgesetzt werden. Vorangetrieben werden soll die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Europa.
ENERGIEWENDE: Eine der drängendsten Aufgaben: Es gilt das Fördersystem umzubauen - 2014 steigen die über den Strompreis zu zahlenden Förderkosten auf rund 23,5 Milliarden Euro. Geplant sind Kürzungen unter anderem bei Windenergie an Land. Ein großes Problem sind die zunehmend unrentablen konventionellen Kraftwerke, die aber gerade zur Sicherung der Versorgung im Winter gebraucht werden. Bisher fehlt ein großer Wurf, um erneuerbare und konventionelle Energiewirtschaft miteinander in Einklang zu bringen. Zudem gibt es bisher wegen des Stroms aus Kohlekraft kaum einen Klimaschutzgewinn.
GESUNDHEIT: Zuletzt stiegen die Ausgaben für Kliniken, Arzneimittel und Ärzte um rund vier Prozent pro Jahr. Weitere Kostenschübe sind absehbar. Es gibt immer wieder neue, oft teure Therapien, die das Leben verlängern, aber Krankheiten nicht unbedingt heilen. Der Anteil der Älteren steigt. Gesundheitsministerium und Bundesversicherungsamt gehen davon aus, dass der Krankenversicherung bereits 2017 zehn Milliarden Euro fehlen. Die Versicherten dürften dies mit höheren Beiträgen bezahlen. Laut dem Kieler Ökonomen Thomas Drabinski fehlen bis zum Jahr 2060 rund 1128 Milliarden Euro.
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PFLEGE: Rund 2,5 Millionen Menschen erhalten derzeit Pflegeleistungen. 2050 könnte es laut Statistischem Bundesamt 4,5 Millionen Pflegebedürftige geben. Hauptgrund ist die höhere Lebenserwartung. Experten gehen davon aus, dass jeder dritte Mann und jede zweite Frau damit rechnen muss, an Demenz zu erkranken. Die Pflegeversicherung wird auch künftig die Kosten nicht abdecken können, zumal ein Ausbau der Leistungen für Demente und beim Pflegepersonal geplant ist. Die letzten Lebensjahre dürften weiter das Vermögen vieler aufzehren, so dass sie Sozialhilfe brauchen.
BUND-LÄNDER-FINANZEN: Die Föderalismusreform III dürfte einer der größten Brocken werden. Beim Bund geht um viel Geld. Er hat Ländern und Kommunen schon jetzt weitere Milliarden versprochen. Spätestens Ende 2019 müssen die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern neu geordnet sein. Dann läuft der Solidarpakt Ost aus. Auch der Länderfinanzausgleich ist bis dahin neu zu regeln. Die Schuldenbremse setzt den Ländern Grenzen. Die Kommunen sollen entlastet werden - etwa bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.
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INFRASTRUKTUR: Nach jahrzehntelangem Verschleiß soll deutlich mehr in die Sanierung von Straßen und Schienen investiert werden. Aus dem Bundesetat wollen Union und SPD bis 2017 insgesamt fünf Milliarden Euro mehr dafür mobilisieren. Generell soll gelten: Erhalt geht vor Neubau. Zusätzliches Geld könnte von Straßenbenutzern eingezogen werden - durch eine Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen und die von der CSU verlangte Pkw-Maut. Bei beiden Vorhaben gibt es aber noch offene Fragen, und sie erfordern mehrere Jahre Vorlauf.
RENTE: Woran Schwarz-Gelb in der abgelaufenen Legislaturperiode scheiterte, will die große Koalition - so sie denn zustande kommt - endlich stemmen: wirksame Regelungen gegen Altersarmut - ein nach wie vor schwieriges Vorhaben. Bis 2017 soll eine solidarische Lebensleistungsrente eingeführt werden. Die soll bekommen, wer (nach einer Übergangszeit bis 2023) als Kleinverdiener oder Arbeitsloser 40 Jahre lang Rentenbeiträge eingezahlt hat und dennoch auf weniger als 30 Rentenentgeltpunkte kommt. Daraus errechnet sich im Westen derzeit eine Rente von 844 Euro monatlich, im Osten von 772 Euro. Minirenten sollen nur nach Einkommens- oder Bedürftigkeitsprüfungen aufgestockt werden. Einkommensverhältnisse müssen dazu offen gelegt werden.