Berlin. Nach dem Ja der SPD-Basis zur großen Koalition haben CDU und SPD die Ressortverteilung in der neuen Regierung jetzt offiziell bestätigt. Gabriel wird Superminister. Aber die größte Überraschung ist die Besetzung des Verteidigungsressorts, die eventuell auf die Merkel-Nachfolge hinweist.
Überraschende Personalentscheidungen der Unionsspitze für die künftige Regierung - und deutliche Veränderungen im Zuschnitt der Ministerien: Das Kabinett der künftigen Großen Koalition ist so gut wie komplett. Die ungewöhnlichste Entscheidung: CDU-Vize Ursula von der Leyen soll erste Verteidigungsministerin in der Geschichte der Bundesrepublik werden. Amtsinhaber Thomas de Maiziere (CDU) wechselt zurück ins Innenministerium, das er schon bis 2011 geleitet hatte. Entsprechende Informationen wurden gestern in Unionskreisen bestätigt, die Entscheidungen sollen aber erst am Sonntag offiziell bekanntgegeben werden.
CDU, CSU und SPD informierten aber am Samstagabend in einer offiziellen Mitteilung zur Ressortverteilung schon darüber, dass die CDU tatsächlich das bisher von der CSU geführte Innenministerium übernimmt. Dafür wird das von der CSU besetzte Verkehrsministerium um die Zuständigkeit für digitale Infrastruktur erweitert - Minister soll nach Angaben aus Unionskreisen CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt werden. Die CSU erhält zudem wie bisher das Agrarressort - aber ohne Verbraucherschutz, der SPD-Justizminister Heiko Maas zugeschlagen wird. Zusätzlich geht das Entwicklungshilfeministerium an die CSU.
Eine weitere Überraschung: Die SPD stellt auch einen Staatsminister im Kanzleramt für Integration - den Posten bekleidete bisher die CDU-Politikerin Maria Böhmer.
Die Ministerriege der Union
Damit ergibt sich nun folgende Verteilung im von Kanzlerin Angela Merkel geführten Kabinett: Finanzminister bleibt Wolfgang Schäuble (CDU), von der Leyen geht ins Wehrressort, de Maiziere dafür ins Innenministerium. Schon zuvor war bekannt geworden, dass Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) aus der Regierung ausscheidet. Er strebt nach einer Karenzzeit, in der er einfacher Bundestagsabgeordnete bleibt, dem Vernehmen nach einen Job in der nordrhein-westfälischen Wirtschaft an. Seine bisherige Position als Kanzleramtsminister wird nach unbestätigten Informationen Peter Altmaier (CDU) übernehmen, nachdem das von ihm geführte Umweltministerium an die SPD geht. Johanna Wanka (CDU) bleibt Bildungsministerin. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe soll Berichten zufolge Gesundheitsminister werden.
Bei der CSU war zunächst unklar, wie die Ressorts für Entwicklungshilfe und das verkleinerte Landwirtschaftsressort besetzt werden und was aus den bisherigen Ministerin Peter Ramsauer und Hans-Peter Friedrich wird.
Die Ministerriege der SPD
Die Namen der SPD-Minister waren dagegen schon am Freitag durchgesickert: SPD-Chef Sigmar Gabriel wird Super-Minister für Wirtschaft und Energie, Frank-Walter Steinmeier Außenminister, dazu kommen Andrea Nahles (Soziales), Manuela Schwesig (Familie), Heiko Maas (Justiz) und Barbara Hendricks (Umwelt).
Mit der spektakulären Besetzung des Verteidigungsministeriums versucht CDU-Chefin Angela Merkel offensichtlich, die ehrgeizige Parteivize Ursula von der Leyen doch noch durch einen bedeutsamen Ministerposten aufzuwerten. Von der Leyen muss ihr Arbeitsministerin an die SPD abgeben. Ursprünglich war sie als Gesundheitsministerin im Gespräch, doch gilt dieses Ressort als wenig einflussreich und zugleich als besonders konfliktträchtig - keine gute Ausgangsposition für die 55-Jährige, um sich für die Kanzlerkandidatur bereitzuhalten, falls Angela Merkel bei der Wahl 2017 nicht mehr antreten sollte.
Für das Innenministerium kam von der Leyen aber als Medizinerin nicht in Frage, weil dort in der Regel ein Jura-Studium Voraussetzung für das Ministeramt ist. Blieb das Verteidigungsministerium - wo aber Thomas de Maiziere gern auf seinem Posten geblieben wäre, um die Bundeswehrreform abzuschließen. Von der Leyen soll auf dem Ministerstuhl offenbar ihr Profil schärfen, als erste Wehr-Ministerin
neue Popularität gewinnen. Sie könnte sich zugleich ans internationale Parkett gewöhnen.
Ein Hinweis auf die Merkel-Nachfolge?
Merkels Personalentscheidung ist ein Hinweis darauf, dass sie in ihrer dritten Amtszeit nun doch versucht, mögliche Nachfolger aufzubauen. Thomas de Maiziere bleibt auch nach seiner Versetzung ein Schwergewicht im Kabinett und ein enger Vertrauter Merkels. Er war bereits von 2009 bis 2011 Innenminister, bevor er Merkel ihn als Nachfolger von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ins Verteidigungsressort schickte. Angeblich ist zu de Maizieres Verabschiedung aus dem Wehrressort schon in der kommenden Woche ein Zapfenstreich geplant.
CDU, CSU und SPD wollen die Besetzung der Ministerien offiziell erst am Sonntag bekanntgeben. Am Dienstag soll Merkel zur Kanzlerin gewählt und die neue Regierung vereidigt werden.