Berlin. Mit großer Mehrheit haben sich die Sozialdemokraten für das Regierungsbündnis mit der CDU ausgesprochen. Die Besetzung der Regierung ist bereits in Teilen durchgesickert: Sigmar Gabriel soll Superminister werden. Kanzleramtschef Ronald Pofalla will sich aus der Politik zurückziehen.

Die große Koalition kann starten: Die SPD-Basis stimmte dem Regierungsbündnis mit der Union mit großer Mehrheit zu. 75,96 Prozent der Parteimitglieder votierten mit Ja, wie Schatzmeisterin Barbara Hendricks am Samstag in Berlin mitteilte. 23,95 Prozent waren Nein-Stimmen. Den Angaben zufolge lag die Beteiligung an dem Mitgliedervotum bei 77,86 Prozent.

Die CDU-Vorsitzende und amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte SPD-Chef Sigmar Gabriel "zur Beteiligung und zum Ergebnis des Mitgliederentscheids". Sie freue sich auf die Zusammenarbeit, teilte die CDU mit.

Gabriel sagte bei der Verkündung des Ergebnisses in Berlin, er sei "lange nicht mehr so stolz" gewesen, Sozialdemokrat zu sein, "wie in diesen Wochen". Die SPD habe in Sachen Mitgliederbeteiligung einen "neuen Standard gesetzt" und sei "nicht nur die älteste, sondern auch die modernste Partei" in Deutschland.

Die SPD-Stimmzettel waren in der Nacht zu Samstag in eine eigens angemietete Halle nach Berlin gebracht worden. Rund 400 freiwillige Helfer hatten sie dann unter notarieller Aufsicht ausgezählt.

Besetzung der Ministerposten durchgesickert 

Nicht bestätigen wollte Gabriel, was in Berlin über Personalentscheidungen bereits durchgesikcert war - obwohl die Sozialdemokraten in dieser Frage eigentlich Stillschweigen vereinbart hatten. Demnach soll Gabriel als "Superminister" Wirtschaft und Energie übernehmen, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier das Auswärtige Amt, SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks das Umweltministerium, die bisherige Generalsekretärin Andrea Nahles Arbeit und Soziales, SPD-Vize Manuela Schwesig das Familien- und Saar-Wirtschaftsminister Heiko Maas das Justizministerium. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann soll Steinmeier als Bundestags-Fraktionschef nachfolgen.

Im Falle einer Zustimmung der SPD-Basis zur großen Koalition wollten Union und SPD am Sonntag offiziell über Aufteilung und Besetzung der Ministerien informieren. Diverse Personalien auch auf Unionsseite wurden jedoch bereits am Freitagabend durch verschiedene Medienberichte bekannt.

Was wird aus von der Leyen?

Bei der CDU sollen Finanzminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsminister Thomas de Maizière ihre Ämter behalten. Die bisherige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll nach Informationen von "Bild.de" neue Innenministerin werden. Damit würde sie den bisherigen CSU-Minister Hans-Peter Friedrich ersetzen. Eine Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Die "Bild am Sonntag" wiederum will herausgefunden haben, dass die Bundeswehr erstmals in der Geschichte eine Frau als Chefin bekommt. Demnach würde von der Leyen Verteidigungsministerin. Der bisherige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) solle in sein Amt als Bundesinnenminister zurückkehren, heißt es. Neuer Kanzleramtsminister wird als Nachfolger von Ronald Pofalla (CDU) der bisherige Umweltminister Peter Altmaier (CDU).

Kanzleramtschef Ronald Pofalla gibt den Posten aus persönlichen Gründen auf. Die CSU will wie bisher drei Ministerien haben, bisher waren das Verkehr, Landwirtschaft und das Innenressort. Die CDU mit Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze soll fünf Ministerien bekommen und auch den Kanzleramtschef stellen.

Regierung soll am Dienstag vereidigt werden

Stimmt die SPD-Basis einem schwarz-roten Bündnis zu, soll Merkel am Dienstag im Bundestag erneut zur Kanzlerin gewählt werden. Auch die neuen Minister würden in diesem Fall ernannt und vereidigt. Sollte die SPD-Basis Nein sagen, stünden Union und SPD turbulente Zeiten bevor. Merkel hätte dann als Option nur einen Neuanlauf für Schwarz-Grün oder aber eine Neuwahl - in dieser Frage käme Bundespräsident Joachim Gauck eine Schlüsselrolle zu. Bei der SPD könnte es zu Rücktritten kommen.

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Die Sozialdemokraten hatten bei der Bundestagswahl am 22. September 25,7 Prozent erreicht, die Union 41,5 Prozent - ihr fehlen aber fünf Sitze zur absoluten Mehrheit. Viele SPD-Mitglieder hatten sich skeptisch gezeigt zu einem erneuten Bündnis mit der Union, viele fürchten nach den Erfahrungen 2005 bis 2009 einen Profilverlust. Daher hatte Gabriel das bisher einmalige Mitgliedervotum über den mit CDU und CSU ausgehandelten Koalitionsvertrag vorgeschlagen. (dpa)