Berlin. Ab 2020 wird es ernst für die Bundesländer: Dann dürfen sie keine neuen Schulden mehr machen. Der Defizitabbau bleibt trotz Erfolgen schwierig. NRW gilt einer arbeitgebernahen Studie zufolge als “Sorgenfall“. Das Land wehrt sich.
Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gehen den Schuldenabbau nach Einschätzung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW/Köln) nicht entschlossen genug an. Die beiden von SPD und Grünen regierten Länder versäumten es, konkrete Sparmaßnahmen zu benennen, um die Schuldenregel zu erfüllen, heißt es im "Konsolidierungscheck" des IW im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Nach der Schuldenbremse dürfen die Bundesländer ab 2020 keine neuen Schulden mehr aufnehmen.
"Trotz Absichtserklärungen der Landesregierungen und erfreulichen Finanzplanungszahlen bleibt Nordrhein-Westfalen ein Sorgenfall", heißt es in dem Bericht. Sowohl die Pro-Kopf-Verschuldung als auch das strukturelle Defizit pro Einwohner seien abgesehen vom Saarland die höchsten aller Flächenländer. Entsprechend umfangreich seien die Konsolidierungsanforderungen im bevölkerungsreichsten Bundesland. Die umfangreichen Einsparungen ließen sich "nicht einfach in die Zukunft verschieben", sondern müssten schrittweise angegangen werden, um bis 2020 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt aufstellen zu können.
Je näher die Schuldenbremse rückt, desto härter müssen die Einschnitte werden
In dem Bericht wird die Konsolidierungsstrategie in NRW als "risikobehaftet" bezeichnet. Ob der Defizitabbau in Höhe von einer Milliarde Euro im Tagesgeschäft der Landesregierung gelinge, werde sich erst zeigen, wenn das Haushaltsjahr bereits beendet sei. "Je näher das Jahr 2020 rückt, desto härter müssen die Einschnitte ausfallen, die ein Erreichen der Schuldenbremse noch ermöglichen."
Das NRW-Finanzministerium warf dem IW eine "fragwürdige Kehrtwende" vor. Noch im März habe das Institut dem Land bescheinigt, "auf gutem Weg" zu sein, die Schuldenbremse noch vor 2020 zu erreichen, sagte eine Sprecherin. "Jetzt können die Forscher auf einmal keine Anzeichen für Konsolidierung ausmachen." Dabei habe sich seitdem die Neuverschuldung nicht verschlechtert, sondern "drastisch verbessert". Der Haushalt 2014 sehe eine Senkung um eine Milliarde Euro auf 2,4 Milliarden Euro vor. In der Mittelfristigen Finanzpolitik sinke die Neuverschuldung bis 2017 auf rund 1,4 Milliarden.
Opposition fordert dringende Kurskorrektor
Die CDU-Opposition im NRW-Landtag forderte Rot-Grün zu einer umgehenden "Kurskorrektur" auf. Der finanzpolitische Sprecher Marcus Optendrenk sagte, in den aktuellen Beratungen zum Haushalt 2014 sei von einem Konsolidierungswillen "jedoch nichts zu sehen".
Unter den westdeutschen Flächenländern schafft es laut IW-Bericht allein Bayern, den Haushalt 2014 mit Überschuss abzuschließen. Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz könnten Erfolge beim Abbau der Neuverschuldung verbuchen. Hamburg mache beim Defizitabbau Fortschritte und werde voraussichtlich 2016 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können.
Das IW verweist darauf, dass aktuell die Bundesländer von hohen Steuereinnahmen profitieren. Sie könnten zu sehr niedrigen Zinsen neue Kredite aufnehmen. Von dramatischen demografischen Umwälzungen sei aktuell noch wenig zu spüren: "Es ist jedoch absehbar, dass diese günstige Situation nicht auf Dauer Bestand haben wird", heißt es. (dpa)