Rom. . Papst Franziskus sagt Kungelei und Vetternwirtschaft im Vatikan den Kampf an. Dafür holt er einen Vertrauten ins Boot: Erzbischof Pietro Parolin tritt als neuer Kardinalstaatssekretär sein Amt an. Er soll nicht weniger als den kompletten Machtapparat der Katholischen Kirche reformieren.

Wachwechsel im Vatikan: Erzbischof Pietro Parolin tritt als neuer Kardinalstaatssekretär sein Amt an. Die Mission, die Papst Franziskus dem Mann aus Venetien zugeteilt hat, ist klar: Er soll nicht weniger als den kompletten Machtapparat der Katholischen Kirche reformieren.

Ein wichtiger Punkt dabei ist der Kampf gegen die Korruption – eines der Hauptanliegen von Papst Franziskus. Wie sehr dem Pontifex Kungelei und Vetternwirtschaft in der Kirche missfallen, machte er kürzlich in drastischen Worten deutlich. „Korrupte Christen, korrupte Priester, wie sehr schaden sie der Kirche! Denn sie leben nicht im Geist des Evangeliums, sondern im Geiste der Weltlichkeit.“ Wer sich so verhalte, der verdiene es „mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer“ geworfen zu werden. Das hatte gesessen.

Geschäftspartner im Vatikan geschmiert

Denn dass hinter den Mauern des Vatikan Korruption nicht unbekannt ist, ist inzwischen nicht mehr zu leugnen. „Die Korruptionsfälle haben fast immer mit dem gleichen Mechanismus zu tun“, schreibt der Vatikankenner und Buchautor Andreas Englisch. Als einer der größten Immobilienbesitzer in Italien vergebe der Vatikan ständig Bauaufträge, etwa zur Sanierung von Gebäuden.

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„Viele Unternehmen arbeiten seit Jahrzehnten für den Vatikan“, so Englisch, „was dazu führt, dass der Vatikan für viele Leistungen zu viel bezahlt und eine ziemlich mächtige Gruppe von Unternehmen möchte, dass das genau so bleibt.“ Also werden die Geschäftspartner im Vatikan regelmäßig geschmiert. Hinzu kommt Vetternwirtschaft bei der Besetzung von Stellen. Es geht, so Englisch, um „das Verschachern von Posten“.

Korruption wurde offensichtlich

Als der 2009 von Benedikt XVI. eingesetzte Verwaltungschef Carlo Maria Viganò diesen Machenschaften auf die Schliche kommt, wird er auf Betreiben seiner Gegner ausgebootet. Doch ein Brief Viganòs an Benedikt, in dem er sich über seine Abschiebung in die USA beschwert, gelangt über den päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele an die Presse – und schlägt Anfang 2012 wie eine Bombe ein. Das Ausmaß der Korruption im Vatikan lässt sich nun nicht länger verheimlichen.

Mit der Berufung des als integer und pflichtbewusst geltenden Parolin scheint Franziskus nun den Kampf gegen die Missstände im Kirchenstaat zu forcieren.

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Auch an anderer Stelle hat Franziskus bereits neue Wege beschritten. Der skandalumwitterten Vatikanbank, die immer wieder mit Geldwäsche und anderen dunklen Geschäften in Verbindung gebracht wurde, verordnete er Transparenz. Erstmals in seiner rund 70-jährigen Geschichte legte das Institut kürzlich einen Geschäftsbericht vor.

"Die Sünde des Karrierismus"

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass der heutige Pontifex gegen weltliche Verfehlungen von Geistlichen zu Felde zieht. Schon drei Jahre vor seiner Wahl zum Papst sagte der damalige Erzbischof von Buenos Aires in einem als Buch erschienenen Gespräch mit dem Rabbiner Abraham Skorka über das Verhältnis Kirche-Staat: „Es ist nicht schlecht, wenn die Religion einen Dialog mit der politischen Macht führt, problematisch wird es, wenn sie mit ihr gemeinsame Sache macht, um unter der Hand Geschäfte zu treiben.“ Gleichzeitig wetterte er gegen „die Sünde des Karrierismus“, der auch „Männer der Kirche“ verfielen.

Carlo Maria Viganò – Der Kaltgestellte

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Als Papst Benedikt XVI. im Juli 2009 den Italiener Carlo Maria Viganò zum obersten Verwaltungschef des Vatikans macht, ist das ein klares Zeichen: Der damals 68-jährige Erzbischof, der zuvor in heiklen Ländern wie Nigeria gear­beitet hatte, wo Anschläge auf Kirchen und Christen Alltag sind, und der für Prunk und Verschwendung nichts übrig hat, soll mit der Korruption im Vatikan aufräumen. Als er den Machenschaften zu nahe kommt, stößt Viganò auf heftigen Widerstand in der Kurie. Er wird isoliert und kaltgestellt: Nach gerade einmal zwei Jahren muss Viganò sein Amt wieder abgeben und wird auf einen Posten in den USA abgeschoben.

Tarcisio Bertone – Der Strippenzieher

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Kardinal Tarcisio Bertone, seit 2006 als Kardinalstaatssekretär zweitmächtigster Mann im Vatikan, ist derjenige, der im Machtkampf gegen den verhinderten Aufklärer Viganò die Strippen zog. Bertone, heute 78 Jahre alt, gilt als Meister der Intrige. Es ist kein Geheimnis, dass er sich durch sein hartes „Regime“ in der vatikanischen Kurie viele Feinde gemacht hatte. Für die ebenso ehrgeizigen wie für den Vatikan ungewohnten Reformpläne von Franziskus ist Bertone längst zu unbequem geworden. Er machte Fehler, vor allem im Umgang mit kirchlichen Skandalen. Er neigte dazu, die Affären zu verdecken, statt sie aufzuklären. Auch deshalb löst Franziskus ihn nun ab.

Pietro Parolin – Der Hoffnungsträger

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Erzbischof Pietro Parolin ist seit Anfang der Woche Nachfolger Bertones als Kardinalstaatssekretär. „Die Revolution hat gerade begonnen“, schrieb die römische Tageszeitung „La Repubblica“ zum Einstand  Parolins, der mit 58 Jahren der Jüngste in seinem Amt und insgesamt einer der Jüngeren in der oberen Vatikan-Hierarchie ist. Tatsächlich soll der Diplomat im Auftrag des Papstes das vollen-den, was Carlo Maria Viganò begonnen hatte: die Korruption im Kirchenstaat beenden. Parolin versteht sich als Priester, nicht als Machtpolitiker. Man sagt von ihm, er stelle seine Arbeit in den Dienst von Kirche und Glauben. Franziskus setzt auf ihn.