Berlin. . SPD und Union legen bei ihren Verhandlungen den Schwerpunkt auf Sozialpolitik. So konnten sich die Verhandlungsführer auf begrenzte Mieten in teuren Städten einigen. Kritiker bemängeln, dann lohne sich Wohnungsbau nicht mehr. Der Mieterbund befürchtet Flickwerk und „graue Märkte“.

Nordrhein-Westfalens Bauminister Michael Groschek (SPD) ist am Dienstag gut gelaunt aus den Berliner Koalitionsverhandlungen nach Düsseldorf zurückgekehrt. „Wir haben“, sagte er, „ein sehr anständiges Paket geschnürt“. Es seien „weitgehend die Vorstellungen der SPD“.

Anders als bei anderen Themen waren Kompromisse von vorneherein nicht besonders nötig. Streit blieb vor der Tür. Schon im April hatte die Bundeskanzlerin persönlich die Wende der Unionsparteien in der Miet- und Baupolitik angekündigt. Im Kern: Das Ja zur Mietpreisbremse.

Eine Idee der SPD

Bürgermeister aller Parteifarben hatten Angela Merkel damals auf der Städtetags-Hauptversammlung bekniet, dass nach einem Anstieg der Mieten von bis zu 50 Prozent gesetzgeberisches Handeln nötig sei.

Auch der Mieterbund klagt ja, dass „derzeit die Mieten in vielen Groß- und Universitätsstädten beim Abschluss eines Mietvertrages um 30 bis 40 Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete liegen“. Dass die Mietbremse zunächst „eine Idee der SPD“ (Merkel) war? Störte sie nicht.

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Doch bedeutet die Übereinkunft zwischen den großen Parteien noch nicht den großen politischen Konsens. Die Vorschrift, die von den wohl künftigen Koalitionspartnern angestrebt wird, heißt: Die Miete in einem neuen Mietverhältnis in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt darf nur noch höchstens zehn Prozent über dem ortsüblichen Wert im Mietspiegel liegen. Das kann nicht unstrittig sein, weil es einen Verlierer gibt: Die Vermieter. Haus und Grund, ihre Lobby, denkt schon an eine Verfassungsklage.

„Ein Paket groben Unfugs“

Aus Sicht der Eigentümer liegt das auf der Hand. Bisher kann jede Wohnung, die neu vermietet wird, zu einem beliebig hohen Mietpreis weitergegeben werden. In Städten mit „angespanntem Markt“, wozu in NRW wahrscheinlich Düsseldorf, Köln und Münster gehören, könnte das künftig anders sein. Dort könnten Vermieter schnell per Gesetz gezwungen sein, niedriger als mit dem vorherigen Mieter abzuschließen. Also mit einem Verlustgeschäft.

„Ein Paket groben Unfugs. Hier wird lediglich das soziale Gewissen von Union und SPD vermeintlich befriedigt“, schimpft Haus und Grund-Präsident Rolf Kornemann. Er erwartet nicht nur, dass „keine Wohnung mehr gebaut wird“.

Er sagt auch das Entstehen „grauer Märkte“ voraus, „auf denen hohe Summen für Abstandszahlungen“ geleistet werden, um bei hoher Nachfrage an Wohnraum zu kommen. So können sich Fragen stellen wie: 30.000 Euro für die nur 10.000 Euro teure Einbauküche? Sonst gibt es die Wohnung nicht.

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Aber auch die andere Seite, der Mieterbund, ist mit dem angepeilten Recht nicht ganz zufrieden. Er hätte das Gesetz gerne flächendeckend gehabt – auch gültig in ländlichen Regionen und dem Ruhrgebiet. Das war ursprünglich auch SPD-Absicht.

Mit der Beschränkung, dass die räumliche Gültigkeit den Ländern überlassen bleibt, hat sich die Union durchgesetzt. NRW-Bauminister Groschek (SPD) sagt für sein Bundesland: „Wir werden dies dort einführen, wo es notwendig ist“. Ein Gutachten wird gerade erarbeitet.

Fünf Jahre Bewährung

Die künftigen Koalitionäre wollen abwarten, wie das neue Recht wirkt. Sie geben ihm eine Bewährungszeit von fünf Jahren. Auch für andere Vereinbarungen der Arbeitsgruppe Bau gilt das.

Generell dominiert in dem Paket eher der sozialpolitische Ansatz als der rein wirtschaftliche – auch, wenn Unions-Verhandlungsführer Peter Ramsauer (CSU) sich von der eingeführten steuerlichen Abschreibung einige Wohnungsbauaktivität erhofft.

Die Wiedereinführung des Heizkostenzuschusses für Wohngeldbezieher (“...damit Menschen mit niedrigen Einkommen nicht in Hartz IV zurückfallen“, sagt die SPD) belegt das genau so wie das Wiederaufleben eines Programms für sozial schwierige Stadtteile. „Schwarz-Gelb hatte das auf 40 Millionen Euro heruntergekürzt“, klagt Groschek. Jetzt müsse es „dreistellig“ werden.