Berlin. . Die deutsche Spionageabwehr hat kaum Handhabe gegen ausländische Agenten. Trotzdem ermittelt jetzt die Bundesanwaltschaft, ob die USA von deutschem Boden aus Drohnen-Einsätze in Afrika koordinierten, um dort gezielt Menschen zu töten. Doch der Behörde sind die Hände gebunden.

Morgens vor der US-Botschaft am Pariser Platz in Berlin: Ein TV-Journalist aus Asien spricht seinen Kommentar. Er zeigt nach oben, die Kamera zoomt das Dach heran. Dort, hinter falschen Fassaden, wird der Horchposten des Geheimdienstes NSA vermutet. Auch die Behörden gehen diesem Verdacht nach.

Ihnen sind jedoch die Hände gebunden. Weder können sie Zeugen vernehmen noch die Abhörtechnik beschlagnahmen. Sie können sich keinen Zutritt verschaffen, um der NSA auf die Schliche zu kommen. Nach internationalem Recht ist die Botschaft US-Territorium. Gegen den Willen des Hausherren läuft nichts.

Viele haben Diplomatenstatus

Hans-Georg Maaßen nennt Berlin „eine Hauptstadt der Spionage in Europa“. Es gebe kaum eine Stadt mit mehr Agenten. Er sollte es wissen. Maaßen ist Präsident des Verfassungsschutzes, der Chef von Deutschlands Spionageabwehr.

Die Agenten verfügen oft über Diplomatenstatus, wohl auch die mutmaßlich 18 NSA-Leute in Berlin. Sie genießen Immunität, sind vor Strafverfolgung geschützt. Man kann sie allenfalls zur „persona non grata“ erklären. Als unerwünschte Personen müssten sie innerhalb einer Frist das Land verlassen. So könnte die Bundesregierung gegenüber den USA vorgehen. Bisher: unvorstellbar. Aber nichts ist mehr undenkbar. Letzte Woche wurde der US-Botschafter einbestellt. So ging man bislang nur mit Schurkenstaaten um. Wie aber fasst man Freunde an? Nicht länger mit Samthandschuhen.

Am Montag flog ein Hubschrauber der Bundespolizei über der Botschaft. Mit Spezialkameras kann man eventuell Anhaltspunkte für Abhörtechnik hinter der Fassade finden. Schon im Juli hatte Maaßen bekannt gegeben, dass er die Abwehr der digitalen Spionage verbessern wolle. Laut „Spiegel“ soll die zuständige BfV-Abteilung 4 mit über 100 Mitarbeitern verdoppelt werden.

Maaßens Amt steht unter Druck. Aber es ist kein Kampf unter Gleichen. Die NSA hat 30.000 bis 40.000 Mitarbeiter. Geld, Technik, Personalstärke – Galaxien liegen zwischen den Geheimdiensten der beiden Länder. Russland, China, Nahost – über deren Spionagetätigkeiten gibt jeder Verfassungsschutzbericht Aufschluss. Kein Wort aber über die USA.

Enthüller Snowden als Zeuge?

Da ist Generalbundesanwalt Harald Range unabhängiger. Er geht einer ganzen Reihe von Verdachtsfällen nach. Range will wissen, ob ein US-Drohneneinsatz in Afrika per Joystick von US-Standorten in Deutschland geführt worden ist. Schon seit Juni untersucht er, ob der amerikanische und der britische Geheimdienst den Internetverkehr in/von Deutschland überwachen. Muss Range wegen „geheimdienstlicher Agententätigkeit“ ermitteln?

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Mehrere Behörden und Ministerien hat er eingeschaltet. „Es soll eine zuverlässige Tatsachengrundlage festgestellt werden, um klären zu können, ob die Ermittlungszuständigkeit des Bundes berührt ist“, sagt Ranges Sprecher Marcus Köhler. „Der Vorgang ist nicht abgeschlossen“. Das gilt erst recht für die Handy-Affäre.

Ein Horror wäre es für die USA, wenn man den NSA-Enthüller Edward Snowden vernehmen würde. Aber das ist unwahrscheinlich. „Wir können keine Zeugen vernehmen in diesem Stadium, wo wir noch kein Ermittlungsverfahren haben“, sagt Range. „Ich kann nicht nach Moskau fahren und mich auf den Flughafen setzen und warten, bis Herr Snowden vorbeikommt“, so Range.