Brüssel. . Auf ihrem Gipfel in Brüssel sind sich die Regierungschefs einig: Trotz der Flüchtlingstragödien im Mittelmeer gibt es vorerst keine Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik. Stattdessen soll der Kampf gegen Schleuser verstärkt und die Situation in den Krisenländern verbessert werden.
Auch angesichts der jüngsten Serie von Bootsunglücken im Mittelmeer will die EU ihre Flüchtlingspolitik nicht grundsätzlich ändern. Die Staats- und Regierungschefs bekundeten auf dem Gipfel in Brüssel „tiefe Trauer über den kürzlichen dramatischen Tod Hunderter von Menschen“ vor der Insel Lampedusa.
Die Mitgliedsstaaten wollen sich vorerst aber auf die Verbesserung des Grenzschutzes beschränken. Auf Grundsatzfragen will man erst im Sommer zurückkommen.
Erst in der Nacht zum Freitag rettete die italienische Marine erneut Hunderte Bootsflüchtlinge aus dem Mittelmeer. Mehr als 700 Menschen, darunter Dutzende Frauen und Kinder, habe man bei fünf Einsätzen in den Gewässern zwischen Sizilien und Nordafrika aufgegriffen, teilten die Behörden mit. Viele wurden auf die Insel Lampedusa in ein völlig überfülltes Auffanglager gebracht.
„Es muss etwas passieren“
„Es gibt ein Bewusstsein, dass dringlich etwas passieren muss“, versicherte Kommissionschef José Manuel Barroso. Konkret passieren soll aber zunächst nur ein verstärkter Einsatz der Patrouillen durch die Grenzschutz-Einheit Frontex.
Außerdem soll das neue Überwachungssystem Eurosur möglichst rasch installiert werden. Weitere Maßnahmen sollen folgen, wenn eine soeben eingesetzte Expertengruppe unter Führung der Kommission im Dezember dazu Empfehlungen vorgelegt hat.
Mit Grundsatzfragen einer gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik will sich der Europäische Rat im Juni 2014 befassen. Diesmal sei es „nicht um qualitative Veränderungen“ gegangen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Solche Änderungen verlangen die südlichen Mitgliedsstaaten.
Kritik an der Blockadepolitik
Italiens Ministerpräsident Enrico Letta hatte von den Partnerländern eine größere Unterstützung und eine Überarbeitung der EU-Asylpolitik gefordert. Nach derzeitigem Recht müssen die meisten Asylbewerber, die nicht legal einreisen, in dem EU-Land bleiben, über das sie nach Europa eingereist sind. Das belastet Länder wie Italien und Griechenland, die stark unter Rezession und Euro-Krise leiden, zusätzlich.
Scharfe Kritik am Gipfel-Ergebnis äußerte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Europa-Parlament, Barbara Lochbihler (Grüne): „Mal wieder haben die Staats- und Regierungschefs das getan, was sie am besten können: betroffen dreinschauen, alle Fortschritte bei der europäischen Flüchtlingspolitik aber vehement blockieren.“