Düsseldorf. Die Grünen stehen bei ihrem Parteitag vor einem Neuanfang. Ihre Fixierung auf die SPD soll der Vergangenheit angehören. Die NRW-Landeschefin der Grünen, Monika Düker, spricht sich im Interview für Kurskorrekturen aus - und fordert ein Ende der Fixierung auf die SPD.
Nach dem enttäuschenden Bundestagswahl-Ergebnis und den geplatzten Koalitionssondierungen mit der Union stehen die Grünen bei ihrem Parteitag am Wochenende in Berlin vor einem Neuanfang. NRW-Landeschefin Monika Düker fordert im Gespräch Kurskorrekturen und ein Ende der Fixierung auf die SPD.
Frau Düker, sind die NRW-Grünen froh oder traurig, dass es zu keiner schwarz-grünen Bundesregierung kommt?
Monika Düker: Eine Koalition ist kein Selbstzweck. Wenn die Inhalte nicht stimmen, sollte man auch keine Regierung bilden. Deshalb ist das Scheitern der Sondierungen mit der Union folgerichtig. Künftig müssen wir uns aber so aufstellen, dass wir inhaltlich und atmosphärisch auf solche Gespräche besser vorbereitet sind. Der faktische Ausschluss von Schwarz-Grün und Rot-Rot-Grün im Wahlkampf war falsch.
Es war aus Ihrer Sicht also ein Fehler, sich allein an die SPD zu binden und einen Lagerwahlkampf zu führen?
Düker: Es bleibt richtig, dass die Grünen die größte inhaltliche Schnittmenge mit der SPD haben. Das darf aber nicht zur Fixierung auf einen einzigen möglichen Koalitionspartner führen.
Auch interessant
In NRW haben wir vorgemacht, wie es geht: Wir haben klar für Rot-Grün geworben, andere Regierungskonstellationen aber nie ausgeschlossen. Unsere Anhänger wollen eine werteorientierte Gestaltungspartei mit eigenständigem Profil und keinen lagergebundenen Mehrheitsbeschaffer.
Als Verbots- und Steuererhöhungspartei haben die Grünen offenbar viele Sympathisanten verschreckt. Fordern Sie eine Kurskorrektur?
Düker: Wir brauchen keine Generalrevision unseres Programms. Wir müssen aber wieder stärker unsere Ziele wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und liberale Gesellschaftspolitik ins Zentrum der Debatte stellen, nicht die reinen Finanzierungsinstrumente wie Steuererhöhungen. Zu unserer Glaubwürdigkeit zählt jedoch auch, den Wählern und Wählerinnen klar zu sagen, wie wir etwas bezahlen wollen.
Ihre Forderung nach Abschmelzung des Ehegattensplittings schien aber selbst grüne Stammwähler zu verärgern…
Düker: Richtig ist leider, dass viele Ehepaare unser Konzept als Angriff auf ihren Lebensentwurf missverstanden und deshalb abgelehnt haben. Wir sollten daher unseren Kurs beim Ehegattensplitting überdenken. Es gehört für mich zu den Lehren des Wahlausgangs, solche Symbolthemen sehr ernst zu nehmen. Unsere Basis treibt es am meisten um, wie es passieren konnte, dass wir als Freiheits- und Bürgerrechtspartei plötzlich das Etikett der Bevormundungs- und Verbotspartei angeklebt bekommen haben.
Was können die Grünen im Bund von den NRW-Grünen lernen?
Düker: Wir stehen in NRW für eine wertegebundene Eigenständigkeit, grundsätzliche Bündnisoffenheit unter demokratischen Parteien und die Überwindung eines starren Flügeldenkens, mit dem die Grünen sich manchmal selbst blockieren.