Washington. . Im festgefahrenen Grabenkrieg um den Haushalt haben die Republikaner ihre Totalblockade gelockert: Sie sind nun bereit, die Erhöhung des Schuldenlimits zumindest zeitweise zuzulassen. Dem Haushalt wollen sie aber weiter nicht zustimmen.
Erstes Aufatmen in der die ganze Weltwirtschaft bedrohenden Politik-Krise in Amerika: Die Republikaner im Kongress haben ihre Blockade-Haltung teilweise aufgegeben. Sie wollen nun doch einer höheren Kreditaufnahme zustimmen. Die um den 17. Oktober drohende Zahlungsunfähigkeit der Vereinigten Staaten, die dann ihr Schuldenlimit von 16,7 Billionen Dollar (12,3 Billionen Euro) erreicht, wäre damit vom Tisch. Ebenso negative Auswirkungen für das vom Dollar abhängige Weltfinanzsystem.
John Boehner, Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, sagte gestern, dass seine Partei einer befristete Anhebung der Schuldenobergrenze bis zum 22. November zustimmen würde, wenn sich Präsident Barack Obama im Gegenzug Gesprächen über eine langfristige Gesundung der massiv überschuldeten USA öffnet. Die Republikaner drängen seit langem auf starke Einschnitte bei den Sozialausgaben. Die internationalen Finanzmärkte reagierten positiv auf eine mögliche Annäherung der Streitparteien.
Die verhasste Gesundheitsreform nicht erwähnt
Boehner nannte vor einem ersten Kontaktgespräch im Weißen Haus am Donnerstagabend keine Bedingungen für ein Entgegenkommen seiner Partei. Auffallend war, das er die unter Republikanern verhasste und mit allen Mitteln bekämpfte Krankenversicherung („Obamacare“), die lange im Mittelpunkt der von der radikalen Tea-Party angeheizte Konfrontation im Kongress stand, nicht ein einzige Mal erwähnte. Intern wird dies als Eingeständnis einer Niederlage interpretiert.
Im Machtpoker geben die Republikaner allerdings eine Karte noch nicht aus der Hand: das vorläufige Nein zu einem genehmigten Staatshaushalt. Die daraus resultierende und heute (Freitag) in den elften Tag gehende Teil-Schließung von Regierung und Bundesverwaltung („shutdown“), die Hunderttausende in den Zwangsurlaub getrieben hat, ist von seiner Verhandlungsofferte bisher ausgenommen.
Verdruss in der Bevölkerung wächst täglich
Das Weiße Haus reagierte darum verhalten. Obama und die Demokraten drängen gleichermaßen darauf, Amerika vor der Pleite zu bewahren und den Stillstand der öffentlichen Verwaltung umgehend aufzulösen. Koppelgeschäften mit erpresserischem Charakter oder unannehmbaren Bedingungen, hatte der Präsident mehrfach betont, werde er nicht zustimmen. Und er weiß dabei die Umfragen auf seiner Seite.
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Mittlerweile ist der Verdruss in der Bevölkerung über die Finanzblockade riesig: Seit Donnerstag ist der Verdruss, der sich in Rekord-Tiefstwerten bei der Wertschätzung der rund 500 Kongress-Abgeordneten ausdrückt, noch gestiegen. Über 20 Familien von US-Soldaten, die seit Beginn der Haushalts-Blockade am 1. Oktober in Afghanistan gefallen sind, haben bisher weder das festgelegte Sterbegeld von 100.000 Dollar (rund 74.000 Euro) erhalten. Noch wurde ihnen, wie üblich, die Anfahrt zum Air-Force-Stützpunkt in Dover im Bundesstaat Delaware bezahlt, wohin alle Kriegstoten der USA gebracht werden. Die Kosten für die Beisetzung mussten die Angehörigen vorstrecken.
"Unwürdig", "Schande", "Skandal"
Medien-Berichte dazu lösten eine Welle der Empörung aus. „Unwürdig“, „Schande“, „Skandal“; selbst gemäßigte Stimmen überschlugen sich. Präsident Obama ordnete Soforthilfe an. Weil die Bürokratie stärker ist, musste Verteidigungsminister Chuck Hagel aber einen peinlichen Umweg gehen. Die „Fisher House Foundation“, eine private Stiftung, übernimmt vorläufig alle Kosten für jene Toten, die in jeder Schaufenster-Rede von Politikern in Amerika als der „Stolz der Nation“ belobigt werden. Nach dem Haushaltsnotstand wird das Pentagon die Summe erstatten.
Sollte das Gewürge um den Etat 2014 weiter andauern, droht dem Militär-Apparat eine noch gewaltigere Schmach. Wie Veteranenminister Eric Shinseki im Kongress erklärte, müssen Ende Oktober sechs Milliarden Dollar an Hunderttausende ehemalige Soldaten für Behinderten-Zulagen und andere Kosten ausgezahlt werden. Derzeit fehlt dafür die Genehmigung.
Inzwischen machen über 60 Prozent der Amerikaner die Konservativen für das täglich bis zu 300 Millionen Dollar Verlust einbringende Gefeilsche um den Haushalt verantwortlich; Tendenz steigend. Nur rund 40 % geben Präsident Obama und den Demokraten die Schuld.