Washington. Auch ein Spitzentreffen zwischen Präsident Barack Obama und ranghohen Kongressabgeordneten hat keine Annäherung im US-Haushaltsstreit gebracht. Die Republikaner seien besessen von der Idee, die Einführung der Gesundheitsreform zu behindern, kritisierte Obama am Donnerstag. Dies scheine der einzige Punkt zu sein, der die Partei noch eine.

Nach drei Tagen Verwaltungsstillstand in den USA verschärft sich die Tonlage im Haushaltsstreit zwischen Demokraten und Republikanern. Präsident Barack Obama warf dem republikanischen Vorsitzenden im Repräsentantenhaus, John Boehner, am Donnerstag eine "rücksichtslose" Politik vor. Das Finanzministerium warnte vor einer Wirtschaftskrise wie 2008, sollte der Kongress die gesetzliche Schuldenobergrenze nicht rechtzeitig anheben.

"Setzen Sie eine Abstimmung an, stoppen Sie diese Farce und beenden Sie diesen Stillstand!", sagte Obama bei einem Auftritt nahe Washington an die Adresse Boehners gerichtet. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses könne den Haushaltsnotstand "in nur fünf Minuten" beenden. Aus Furcht vor dem erzkonservativen Tea-Party-Flügel seiner Partei weigere sich Boehner aber, ein Haushaltsgesetz ohne Einschränkungen für die Gesundheitsreform zur Abstimmung zu stellen.

Seit der Nacht zum Dienstag stehen in den USA weite Teile der Bundesverwaltung still, weil sich der Kongress nicht auf ein Budget für das am 1. Oktober begonnene Fiskaljahr 2014 einigen konnte. Das Repräsentantenhaus verknüpfte seine Etatentwürfe mit dem Schicksal der bei Konservativen verhassten Gesundheitsreform, Obamas Demokraten schmetterten die Vorlagen im Senat ab. Wegen des Haushaltsnotstands mussten hunderttausende Staatsbedienstete in den unbezahlten Zwangsurlaub gehen. Behörden und Ministerien arbeiten auf Sparflamme, Museen und Nationalparks sind geschlossen.

Am Mittwochabend war ein Krisengespräch im Weißen Haus mit Boehner und anderen führenden Kongreß-Politikern ergebnislos geblieben. Der Top-Republikaner warf Obama anschließend vor, sich einer Lösung zu verweigern. "Der Präsident hat erneut bekräftigt, dass er nicht verhandeln wird", sagte Boehner nach dem einstündigen Treffen.

Schuldenlimit anheben - sonst droht Zahlungsunfähigkeit

Der Verwaltungsstillstand zog unterdessen immer weitere Kreise. Die für Freitag geplante Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen wurde auf unbestimmte Zeit verschoben, weil ein Großteil der Mitarbeiter des US-Arbeitsministeriums sich im Zwangsurlaub befindet. Das Rüstungsunternehmen United Technologies (UTC) kündigte an, ab Montag 2000 Angestellte seiner Luftfahrtsparte in unbezahlten Zwangsurlaub zu schicken, weil wegen des Haushaltsnotstands die Inspekteure des Verteidigungsministeriums nicht mehr arbeiteten. Schlimmstenfalls müssten in einem Monat mehr als 5000 Angestellte zu hause bleiben.

Die Blockade in Washington nährte Befürchtungen, dass sich der Kongress womöglich nicht rechtzeitig auf eine Erhöhung der gesetzlichen Schuldenobergrenze verständigt. Die USA müssen bis voraussichtlich zum 17. Oktober ihr Schuldenlimit von 16,7 Billionen Dollar anheben, sonst droht der weltgrößten Volkswirtschaft die Zahlungsunfähigkeit.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) beklagte am Donnerstag die "andauernde politische Unsicherheit" über die Staatsfinanzen der Vereinigten Staaten. "Der Stillstand der Verwaltung ist schlimm genug, aber ein Scheitern bei der Schuldenobergrenze wäre weitaus schlimmer", mahnte IWF-Chefin Christine Lagarde.

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Das US-Finanzministerium malte ein düsteres Szenario für den Fall, dass die USA ihre Verpflichtungen auf den Finanzmärkten nicht mehr bedienen würden. "Die Kreditmärkte könnten erstarren, der Wert des Dollars könnte abstürzen, die Zinsen für US-Staatsanleihen in die Höhe schießen", heißt es einem am Donnerstag veröffentlichen Bericht. Die "katastrophalen" Folgen würden rund um den Globus zu spüren sein, eine schlimmere Krise als im Jahr 2008 sei denkbar. (afp)