Washington. Seit Tagen fährt die US-Verwaltung im Notbetrieb. Jetzt wirkt sich der erbitterte Streit um den Bundeshaushalt auch auf die Außenpolitik aus. Obama verzichtet auf wichtige Treffen mit Putin und seine Fernost-Reise. Ökonomen sorgen sich zugleich wegen der Folgen des Streits.

Katy Eyman hat 15 Jahre auf die hoch begehrte Geneh­migung gewartet, einmal im Grand Canyon den tosenden ­Colorado River im Boot befahren zu dürfen. Der Haushaltsnotstand in den USA, der seit Dienstag auch zur Schließung der 400 National-Parks und Denkmäler führt, hat der Naturliebhaberin wie Tausenden anderen Touristen einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Flugtickets, Hotels, Mietwagen – alles für die Katz gebucht“, sagt Eyman einer Zeitung.

Ändern muss auch Präsident Obama seine Reisepläne. Der Asien-Trip nächste Woche ist abgesagt, damit auch ein Vier-Augen-Gespräch mit Russlands Präsident Putin zum Syrien-Dilemma.

Die verhärteten Fronten zwischen ­Demokraten und Republikanern in Washington, wo der täglich bis zu 300 Millionen Dollar Verlust ­erzeugende Prinzipien-Streit um Budget und Schulden spielt, ­bedeuten für den Regierungschef Präsenzpflicht.

Die Republikaner in Geiselhaft

Obama nutzt sie, um den Druck auf seinen Gegenspieler John Boehner, Chef der ­Republikaner-Mehrheit im Repräsentantenhaus, zu erhöhen. Er möge „der Farce“ ein Ende bereiten und den Weg für eine Abstimmung über den Etat für 2013 und 2014 frei machen, sagte er.

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Bisher verweigern die von ihrem radikalen Tea-Party-Flügel in Geiselhaft genommenen Konservativen ihre Zustimmung zum Staatshaushalt – es sei denn, Obamas Krankenversicherungs-Reform wird im Gegenzug auf Eis gelegt. Der Präsident und die ihn tragenden Demokraten wollen sich dieser „Lösegeld-Erpressung“ nicht beugen. Konsequenz: Ein Staat, der Samstag den fünften Tag hinter­einander auf Sparflamme läuft.

Ein riskantes Spiel

Die Teil-Abschaltung der Bundesverwaltung ist trotz des unbezahlten Zwangsurlaubs für 800.000 Staatsdiener nach Ansicht von Wirtschaftsexperten ökonomisch noch verkraftbar. Vorausgesetzt, die Blockade dauert nicht länger als zwei Wochen. Dann kommen die nächsten Gehaltschecks – oder eben nicht.

Anders sieht es aus, wenn der Kongress der Regierung bis 17. Oktober kein grünes Licht gibt, sich neues Geld zu borgen. Dann rutscht Amerika in den Bankrott – der Super-Gau für die Weltwirtschaft, sagt Laut der Internationale Währungsfonds. Die Angst vor einem Zahlungsausfall der USA, so ein Wall-Street-Banker, „ist erschreckend real“.

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Während die 50 Anhänger der Tea Party im Kongress sehr wohl mit der Idee des „defaults“ (Zahlungsunfähigkeit) liebäugeln, hat Boehner erstmals erkennen lassen: nicht mit mir. Zur Not, so Vertraute, werde er den Weg frei ­machen, damit der moderate Teil der Republikaner-Fraktion gemeinsam mit den Demokraten Amerika liquide halten kann.

Wachsende Kritik aus den eigenen Reihen

Für Boehner ist das ein riskantes Spiel, das ihn am Ende politisch den Kopf kosten kann. Wie „am Nasenring“ lasse er sich von den Extremisten in den eigenen ­Reihen durch die politische Arena ziehen, werfen ihm Parteifreunde nicht erst seit gestern vor. In der New York Times forderten prominente Republikaner Boehner indirekt auf, sich dem Kurs der Radi­kalen um Senator Ted Cruz in den Weg zu stellen.

Die Kritiker eint eine Sorge: Machen die Republikaner so weiter, kommt bei den Halbzeitwahlen des Parlaments in einem Jahr womöglich die Quittung: der Verlust der Mehrheit im Repräsentantenhaus. Obama und die Demokraten, die bereits den Senat beherrschen, hätten dann freie Hand. Für die „Grand Old Party“ der Alptraum schlechthin.